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Habilitationsschriften:

I. Hochmair-Desoyer:
"Cochlea-Implantat-Systeme";
Technische Universität Wien, Fakultät für Elektrotechnik, 1998.



Kurzfassung deutsch:
Cochlea-Implantate sind teilimplantierbare Hörprothesen, basierend auf der elektrischen Stimulation des Hörnervs. Sie stellen den ersten brauchbaren Sinnesorgan-Ersatz dar. Ihre Technologie ist der des Herzschrittmachers nicht ganz unähnlich. Sie sind zwar nicht, wie das der Herzschrittmacher in vielen Fällen ist, lebenserhaltend, sie müssen aber bezüglich Kanalzahl, Stimulationssignalbandbreite, Signalerfassung, Signalübertragung bzw. Telemetrie und Miniaturisierung wesentlich weitergehende Anforderungen erfüllen.
Die Cochlea-Implantation hat sich zu einem etablierten, sehr effizienten Verfahren zur (Re-)-Habilitation schwerst Hörgeschädigter und Tauber entwickelt. Mehr als 17.000 solcher Implantationen wurden bereits durchgerührt, nahezu die Hälfte davon an Kindern. Insbesondere für prälingual bzw. kongenital taube Kinder stellt das Cochlea-Implantat den ersten großen Fortschritt seit der Einführung der Gebärdensprache während der letzten 200 Jahre dar. Die meisten dieser Kinder haben eine realistische Chance, audioverbal kommunizieren zu können, und damit, z.B., eine normale Schule besuchen zu können. Die interdisziplinäre Forschung, die zur Entwicklung der Cochlea-Implantate gerührt hat, umfasst eine Reihe von technisch/technologischen (Elektronik, Digitale Signalverarbeitung, Hochfrequenztechnik, Feinwerktechnik) und medizinisch-physiologischen (Physiologie, Audiologie, Biologie, Chirurgie, Otologie) Gebieten, bis hin zur Psychophysik, Phonetik und Linguistik.
Die vorliegende Arbeit kann zur Gänze der Medizintechnik zugeordnet werden. Sie umfasst die Entwicklung zweier Cochlea-Implantat-Generationen, nämlich das auf analogen Stimulationssignalen basierende Einkanalsystem und ein Mehrkanalsystem, das nichtüberlappende biphasische Impulse zur Stimulation verwendet. Das wesentliche, gemeinsame Merkmal dieser beiden Entwicklungen ist die konsequente Vermeidung von exzessiver Vorverarbeitung, nämlich von Parameterextraktionsverfahren, zur Generierung der Stimulationssignale. Die von mancher Seite befürchtete, bzw. suggerierte, Überlastung des Hörsystems durch den damit verbundenen großen angebotenen Informationsfluss ist nicht eingetreten. Ganz im Gegenteil ergibt sich dadurch, dass die Signalverarbeitung im Cortex zur Dekodierung mitverwendet werden kann, auch bei störendem Hintergrundgeräusch ein signifikant besseres Sprachverständnis im Vergleich zu jenen Systemen, die eine Parameterextraktion durchführen.