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Wissenschaftliche Berichte:

A. Schönbauer, I. S. Rainer, E. Glenck, E. Smidt, R. Obernosterer, E. Schachermayer, H. Rechberger, R. Fehringer, H. Daxbeck, W. Stark, P.H. Brunner:
"Zukünftige Anforderungen an die Abfallwirtschaft in der Steiermark für den Übergang zu einer nachhaltigen Stoffflußwirtschaft (Projekt AWS Steiermark)";
1997.



Kurzfassung deutsch:
Das vorliegende Projekt hatte zum Ziel, auf konzeptioneller Ebene Maßnahmen und Forschungsbedarf vorzuschlagen, um die Abfallwirtschaft der Steiermark nach den Gesichtspunkten einer nachhaltigen Stoffwirtschaft auszurichten.
In einem ersten Schritt wurde geprüft, welchen Beitrag die Abfallwirtschaft generell zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten kann. Anhand von neueren Definitionen der Nachhaltigkeit
wurde gezeigt, dass das Leitbild der österreichischen Abfallwirtschaft bereits weitgehend den Kriterien einer nachhaltigen Entwicklung entspricht. Dies spiegelt sich auch in den Zielen des
Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes (kurz AWG) wider; für das steiermärkische Abfallwirtschaftsgesetz trifft das noch nicht in demselben Maße zu.
Im Hauptteil der Arbeit wurde der Ist - Zustand der steiermärkischen Abfallwirtschaft analysiert und mit dem Soll - Zustand verglichen, der aus den Zielen einer nachhaltigen Abfallwirtschaft abgeleitet wurde. Obwohl der Blick schwerpunktmäßig auf die Abfallwirtschaft gerichtet war, wurde die gesamte Volkswirtschaft inklusive Produktion, Versorgung und Konsum in die Untersuchung miteinbezogen. Die Begründung für dieses Vorgehen liegt darin, dass die Ziele der Abfallwirtschaft manchmal mit Mitteln, die außerhalb der abfallwirtschaft liegen, besser und effizienter zu erreichen sind. Beispielsweise kann nachhaltig orientierte Produktgestaltung in Industrie und Gewerbe zu Konsumabfällen führen, die kostengünstiger
und ressourcenschonender verwertbar sind.
Folgende Sektoren wurden in dieser Arbeit untersucht: Produktions- und Versorgung: Bergbau, Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Gewerbe, Bauwesen. Konsum: Privater Haushalt.
Abfall- und Abwasserwirtschaft: Biochemische Verfahren, Thermische Verfahren, Abwasserreinigung, Deponie. Das methodisch Neue an der vorliegenden Arbeit bestand darin, dass die Unterschiede zwischen Ist- und Soll - Zustand auch anhand von Stoffflussanalysen
aufgezeigt wurden. Daraus konnten eine Vielzahl an Maßnahmen zur Erreichung des Soll-
Zustandes erarbeitet werden. In erster Priorität sind dies:
Damit die Abfallwirtschaft der Steiermark den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit entspricht, soll das Abfallwirtschaftsgesetz des Landes dem Bundes - AWG angepasst werden. Wie im AWG soll zwischen Zielen und Grundsätzen unterschieden werden, die nachsorgefreie Deponie
soll im Gesetz verankert werden, und die stoffliche Verwertung soll der thermischen gleichgestellt werden. Prinzipiell ist anzustreben, dass die Ziele des AWG nicht nur innerhalb der Abfallwirtschaft erreicht werden, sondern dass auch in der gesamten Volkswirtschaft
Maßnahmen für eine effiziente Stoffwirtschaft getroffen werden. Bergrecht, Gewerberecht
und Abfallwirtschaftsgesetz sollen alle dazu beitragen, die Ziele der Nachhaltigkeit zu erreichen.
Dazu müssen die drei Gesetzesmaterien besser aufeinander abgestimmt werden.
Beim Vollzug soll der Informationsfluss zwischen den drei Bereichen gefördert werden.
Wichtigste Maßnahme in der Versorgung ist die Förderung der Produkt-, Verfahrens und
Systemgestaltung nach nachhaltigen Kriterien um wiederverwertbare beziehungsweise endlagerfähige
Güter zu erhalten. Dies kann durch die Auszeichnung beispielhafter Güter, Verfahren und Projekte sowie durch ein konsequentes Beschaffungswesen ressourcenschonender Produkte und Systeme durch das Land unterstützt werden.
Allgemein erschweren wichtige Randbedingungen das Erreichen nachhaltiger Ziele für die
Abfallwirtschaft. In erster Linie betrifft dies den Widerspruch der Grundsätze der Volkswirtschaft (Wachstum, derzeit materiell definiert) und der Abfallwirtschaft (vermeiden, d.h. weniger Materialfluss). Aber auch naturwissenschaftliche (Entropiesatz) und technologische (Recyclingrate < 100%) Gesetzmäßigkeiten setzen Grenzen bei der Kreislaufwirtschaft und der Verwertung. Die Möglichkeiten und Grenzen der Vermeidung und Verwertung jeder
Abfallkategorie sind abzuschätzen und in der Abfallwirtschaftsplanung zu berücksichtigen.
Auf logistischer Ebene ist die Informationsverarbeitung und -bereitstellung auszuweiten. Mit einem Ausbau des bestehenden Abfallwirtschaftsinformationssystems sollen auch abfallwirtschaftliche
Daten, die gewerberechtlich erhoben wurden, zur Verfügung stehen.
Weiters soll im Abfallwirtschaftsinformationssystem die Möglichkeit bestehen, stoffliche Angaben über Abfälle einzufügen respektive eine Verknüpfung mit Stoffdatenbanken herzustellen.
Die Abfallwirtschaft braucht eine Qualitätskontrolle um festzustellen, ob geplante bzw. bereits umgesetzte Maßnahmen zielführend sind. Diese Qualitätskontrolle soll sich insbesondere
an den Zielen des Abfallwirtschaftsgesetz orientieren. Die Qualitätskontrolle soll Kosten,
Emissionen und Produkte der wichtigsten Verwertungs- und Entsorgungsverfahren anhand von Stoffbilanzen erfassen und bewerten. Sie soll dazu dienen, Kosten und Nutzen der Bewirtschaftung
einzelner Abfälle zu prüfen und Prioritäten zu setzen.
Von großer Bedeutung für den Schutz des Menschen und der Umwelt in der Steiermark ist
die Forderung nach der Errichtung einer Müllverbrennungsanlage für Restmüll und andere
belastete, nur thermisch verwertbare Abfälle. Insbesondere organische Schadstoffe können nur durch dieses Verfahren zielkonform behandelt und verwertet werden.
Neben dem Abraum aus dem Bergbau stellen die Abfälle aus dem Bauwesen die mengenmäßig wichtigste Abfallgruppe in der Steiermark dar. Da die Baustoffe zunehmend mit
nichtmineralischen Bestandteilen vermischt werden, besteht Forschungsbedarf über die zukünftig
anfallende Art und Menge wie auch die Zuordnung und die Behandlung von Baurestmassen zur stofflichen und thermischen Wiederverwertung und Deponierung.
Organische Abfälle, die sowohl im kommunalen (Haushaltungen) wie auch land- und forstwirtschaftlichen Bereich und deren nachgeschaltetem Gewerbe anfallen, besitzen ein erhebliches Potential an Nährstoffen und Energie. Bei der umweltschonenden Nutzung dieser Rohstoffe
sind zukünftig vermehrt Aspekte der Treibhauswirksamkeit und der langfristigen
Anreicherung von Nähr- und Schadstoffen in Böden zu beachten. Für die Steiermark ist ein gesamtheitliches Konzept zur langfristigen, ressourcenschonenden Bewirtschaftung von organischen Abfällen erforderlich.
Aufgrund des ungenügenden Wissens über Abfälle aus Industrie und Gewerbe kann derzeit nicht beurteilt werden, inwiefern die Bewirtschaftung dieser Abfälle die Ziele des AWG erfüllt.
In Zusammenarbeit mit Industrie und Wirtschaft sind für die wichtigsten Abfälle und deren Behandlungsverfahren inklusive Deponien Bilanzen zu erstellen, die darüber Auskunft geben, welche Ziele erreicht werden, und wo noch Handlungsbedarf besteht.
Der Vollzug des AWG und der Deponieverordnung bezüglich deren Bestimmung zur nachsorgefreien
Deponie soll forciert werden, um mittel- und langfristig zu entscheidend geringeren Emissionen zu gelangen. Forschungsbedarf besteht beim Langzeitverhalten von vorbehandelten und bereits deponierten Abfällen respektive Deponien.


Elektronische Version der Publikation:
http://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_143970.pdf


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.