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Wissenschaftliche Berichte:

P.H. Brunner, H. Daxbeck, R. Obernosterer, E. Schachermayer:
"Machbarkeitsstudie Stoffbuchhaltung Österreich";
Bericht für Umweltbundesamt GmbH Wien; 1995.



Kurzfassung deutsch:
In der vorliegenden Studie wurde die Notwendigkeit und die Machbarkeit einer "Stoffbuchhaltung Österreich" untersucht. Zu diesem Zweck wurden die Erfahrungen, die international und in Österreich zu diesem Thema gewonnen wurden, zusammengefasst und ausgewertet.

Folgende Resultate wurden erhalten:

Die bisherigen Erfahrungen mit Stoffflussanalysen zeigen, dass die Stoffbuchhaltung für einen effizienten Umweltschutz und eine optimale Rohstoffnutzung notwendig ist. Sie bildet die Grundlage für eine nach ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtete Steuerung von Stoffflüssen.

Die Stoffbuchhaltung besteht aus einer systematischen Fortschreibung der auf das Notwendigste reduzierten Stoffflussanalyse. Zur Zeit gibt es weder ein erprobtes Rezept für die Stoffbuchhaltung, noch ist dieses Instrument auf betrieblicher, regionaler oder nationaler Ebene in Gebrauch. Der notwendige erste Schritt zur Stoffbuchhaltung, die Stofflussanalyse, ist hingegen bereits eine bewährte Methode zur Lösung vielfältiger Aufgaben. Aufgrund der Erfahrungen mit der Stofflussanalyse können für die Stoffbuchhaltung folgende Anwendungsbereiche definiert werden:

Die Stoffbuchhaltung ist eine notwendige Basis für

* das Erstellen von Plänen für den Umweltschutz (z.B. Abfallwirtschaftspläne des Bundes und der Länder, Nationaler Umweltplan),
* die Prüfung der Umweltverträglichkeit von Prozessen in einer Region (welches ist der anthropogene Beitrag zu den natürlichen Stoffflüssen einer Region?),
* Ökobilanzen: Mit Hilfe der Stoffbuchhaltung ist die Einbettung eines Produktes oder eines Verfahrens in die gesamten Stoffströme einer Region erst möglich,
* Ökodesign: Die Stoffbuchhaltung ist ein wesentliches Hilfsmittel für die Erarbeitung von Kriterien für umweltgerechte Produkte und deren ressourcenschonende und umweltverträgliche Produktion.

Die in den vorliegenden Studien zusammengefassten Erfahrungen erlauben den Schluss, dass eine Stoffbuchhaltung für Unternehmungen, Regionen und Nationen machbar ist. Sie ermöglicht:

* das rechtzeitige Erkennen von zukünftigen Belastungen und Änderungen der Rohstoffpotentiale (Früherkennung),
* das Setzen von Prioritäten im Umweltschutz und bei der Bewirtschaftung von Abfällen und Rohstoffen (Prioritätensetzung, Ressourcenschonung) und
* die Kontrolle der Effizienz von bereits getroffenen Maßnahmen (Erfolgskontrolle).

Allerdings sind noch zahlreiche methodische, organisatorische und logistische Fragen offen, sodass das Erstellen einer nationalen Stoffbuchhaltung noch als Neuland bezeichnet werden muss. In naher Zukunft ist damit zu rechnen, dass infolge der Aktualität des Themas die bereits vorhandenen methodischen Ansätze weiterentwickelt werden und wesentliche Fortschritte auf dem Gebiet der Stoffbilanzierung gemacht werden. Derzeit sind folgende Grenzen für den Einsatz einer Stoffbuchhaltung sichtbar:

* Es ist nicht möglich, für alle Stoffe eine Buchhaltung zu führen. Es ist daher eine Auswahl zu treffen. Mögliche Kriterien sind Schutz der Umwelt und Nutzung der Ressourcen.
* Derzeit ist die Datenlage schwierig. Einerseits sind die Daten noch nicht verfügbar oder andererseits aus Datenschutzgründen nicht öffentlich zugängig.
* Die Stoffbuchhaltung ist eine notwendige, wichtige Grundlage für Umweltverträglichkeitsprüfungen oder Ökobilanzen. Sie ist jedoch keine Wirkungsanalyse und kann diese nicht ersetzen.
* Die Wirtschaft verfügt über den Großteil der Daten über Güter und Stoffe und besitzt damit eine Schlüsselstellung für eine erfolgreiche Stoffbuchhaltung. Sie muss deshalb von der Sinnhaftigkeit und Brauchbarkeit dieses Instruments überzeugt werden.

Das methodische Vorgehen bei die Erstellungen von Stoffbuchhaltungen kann in sechs Schritten skizziert werden:

1. Auswahl der Stoffe, Bildung einer Arbeitsgruppe und Formulierung der Ziele und Fragestellungen
2. Erstellung einer Stoffflussanalyse
3. Ausarbeitung eines Messprogrammes
4. Führung der Stoffbuchhaltung
5. Darstellung der Ergebnisse mittels Stoffflussdiagrammen
6. Festlegung des weiteren Vorgehens und der Art der Fortschreibung der Daten

Aufgrund der Ergebnisse dieser sechs Schritte können Vorschläge zur Steuerung des nationalen Stoffhaushaltes ausgearbeitet werden, wobei die Erfahrungen und Kenntnisse der Arbeitsgruppe "Stoffbuchhaltung" miteingebunden werden sollen.

Nachdem in den letzten Jahren Stoffbilanzen zunehmend an Bekanntheit und Bedeutung gewonnen haben, sind nun die Anstrengungen in Richtung Implementierung von betrieblichen, regionalen und nationalen Stoffbuchhaltungen zu verstärken. Es ist jedoch schon von Beginn an darauf zu achten, dass die Durchlässigkeit der Daten über alle Ebenen und schlussendlich auch über die Staatsgrenzen hinweg gegeben ist. Relativ rasch ist auch darauf zu achten, dass internationale Kontakte sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf statistischer Ebene geknüpft werden, um einen Standardisierungsprozess einzuleiten. Weiters sind die geeigneten EDV-Hilfsmittel auszuwählen oder zu entwickeln.

Als weiteres Vorgehen schlagen die Autoren vor, die Stoffbuchhaltung anhand einzelner Beispiele zu entwickeln, auszutesten und zu optimieren. Es wird vorgeschlagen, anhand dreier Beispiele (Zink, Quecksilber oder PCB's), die von den untersuchten Stoffen her unterschiedliche Anforderungen stellen, eine Stoffbuchhaltungsmethodik einzuführen.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.