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Dissertationen (eigene und begutachtete):

G. Döberl:
"Evaluierung von Modellen zur Bestimmung des langfristigen Verhaltens von Hausmülldeponien - Wissensdefizite und neue Ansätze";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): P.H. Brunner; Institut für Wassergüte und Abfallwirtschaft, 2004.



Kurzfassung deutsch:
Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel bestehende Methoden zur Bestimmung des langfristigen Verhaltens von Hausmülldeponien zu evaluieren und Wissenslücken aufzuzeigen. Darauf aufbauend wurde eine Methode zur Abschätzung des langfristigen Deponieverhaltens entwickelt, die auf der geologisch-geochemischen Analyse natürlicher Analoga beruht.
Folgende bestehende Methoden wurden evaluiert: Analyse von bestehenden Deponien im Maßstab 1:1, Laborversuche unterschiedlichen Maßstabes und hydraulisch-geochemische Modellierungen. Durch Anwendung dieser Methoden bleiben im Wesentlichen drei Fragenkomplexe offen: 1. Was geschieht langfristig mit der organischen Kohlenstoffmatrix des Hausmülls? 2. Bleiben die Bedingungen in Deponien, die kurz- bis mittelfristig vorliegen, auch über lange Zeiträume stabil? Und falls nicht: In welche Richtung verändern sich diese Bedingungen? Sowie 3. Wie verhalten sich die im Hausmüll enthaltenen anderen Matrix- und Spurenstoffe, insbesondere die Schwermetalle, langfristig?
Der Ausgangspunkt der hier vorgestellten Alternativmethode ist der Vergleich von Hausmüll mit einer Reihe natürlicher Gegenstücke (Torf, entwässerter Torf, Boden), die unter ähnlichen Lagerungsbedingungen bereits lange Zeiträume vergleichbaren Prozessen ausgesetzt waren. Es werden also vereinfacht ausgedrückt bestehende, unter natürlichen Bedingungen abgelaufene Langzeitversuche ausgewertet.
Als die für die langfristige Entwicklung von Hausmülldeponien im Bereich von Jahrhunderten am besten geeigneten Analoga haben sich Torf bzw. Torfablagerungen (Moore) herausgestellt. Einerseits ist die chemische Zusammensetzung der Torfmatrix ähnlich der von Hausmüll, andererseits ist sowohl für Hausmülldeponien als auch für Moore ein anaerobes Ablagerungsmilieu charakteristisch. Die abweichenden hydraulischen Eigenschaften schränken aber die Anwendbarkeit des Vergleiches ein, da Wassergehalt und Wasserverteilung ganz wesentlich das Verhalten der zu vergleichenden Ablagerungen beeinflussen. Für langfristige Prozesse im Zeitraum von Jahrtausenden kann das Analogon "entwässerte Torfablagerung" herangezogen werden. Als maximaler Betrachtungszeitraum wird, ebenfalls aufgrund des Studiums eines Analogons, 10.000 Jahre vorgeschlagen.
Unter Beachtung oben genannter und anderer Einschränkungen kann das sich langfristig entwickelnde "Endstadium" von Hausmülldeponien mit dem Analogon Boden beschrieben werden. Dies impliziert, dass im Laufe von Jahrtausenden die ursprünglich im Hausmüll enthaltene organische Substanz, inklusive der Kunststoffe, weitgehend abgebaut wird, und dass es weiters zu einem beträchtlichen Schwermetallaustrag kommen kann. Zusätzlich kann gezeigt werden, dass durch die spezielle Wasserströmung in Hausmülldeponien - schnell durchflossene präferentielle Sickerwege und langsam durchflossene Matrixbereiche - die Emission primär leicht abbaubarer respektive leicht löslicher Substanzen auch langfristig eine Rolle spielt, indem langfristig stufenweise neue Teile der Deponie durch Sickerwege erschlossen werden.
Für die Deponierungspraxis sind drei Schlussfolgerungen zu ziehen: (i) Beim Einbau des Abfalls sind Inhomogenitäten soweit möglich zu vermeiden; (ii) Systeme zur Erfassung und Reinigung oder Verwertung von Sickerwasser- und Gasemissionen sind langlebig, wartungsarm und möglichst energieautark zu konzipieren; (iii) für "Geologische Barrieren" im Deponieuntergrund ist auch eine möglichst hohe geochemische Barrierewirkung, das heißt eine hohe Kationenaustauschkapazität zu fordern.

Kurzfassung englisch:
Evaluation of Methods for the Prediction of the Long-Term
Evolution of MSW-landfills

This thesis focuses on the evaluation of different methods to determine the long-term evolution of municipal solid waste (MSW) landfills and the identification of gaps in knowledge. Furthermore a new method is presented for predicting the long-term evolution of landfills based on the geological-geochemical analysis of natural analogues.
By applying conventional methods (such as the analysis of full-scale landfills, laboratory experiments, and hydraulic-geochemical modelling), mainly three questions remain unanswered:
1. What happens to the organic carbon-matrix of MSW during long-term periods? 2. Will the conditions within the landfill be stable? And if not, to what extent will they change? 3. What happens to trace elements, such as heavy metals?
The starting point of the method presented in this thesis is a comparison of MSW with different natural analogues (peat, drained peat, soil), which are deposited under similar conditions and have been exposed to similar processes for long-term periods. Thus, long-term experiments driven by natural forces were analysed.
Peat and peat bogs turned out as the best available natural analogues to describe the evolution of MSW landfills within a period of centuries. Peat is similar to MSW in the chemical composition of its organic matrix and peat bogs are similar to MSW landfills in their anaerobic milieu. However, it has to be kept in mind that the comparison is restricted in its application because the hydraulic properties of peat bogs are significantly different to MSW landfills. For longer periods (millenniums) drained peat bogs were identified as the best available analogues. By studying another analogue it is suggested to limit the observation period for landfill processes to a maximum of 10,000 years.
With regard to the restrictions mentioned before, the final-stage of the MSW landfill evolution can be described with soil as an analogue. This implies that the organic matter (including plastics) will be degraded to a large extent and that heavy metals will be leached to a considerable extent over periods of millenniums. Additionally, due to the specific water flow regime in landfills (matrix and preferential flow) readily soluble and degradable substances will cause emissions not only during short and mid-term periods but by a progressive development of new preferential paths during centuries as well.
For waste management practice three conclusions can be drawn: (i) When landfilling waste heterogeneities should be avoided, (ii) systems for collection and treatment or recovery of leachate and landfill gas should be designed durable and self-sufficent, (iii) "geological barriers" should at the same time be designed as geochemical barriers with a high cation exchange capacity.


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.