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Diplom- und Master-Arbeiten (eigene und betreute):

H. Kramar:
"Dienstleistungen im städtischen Raum - Struktur und räumliche Verteilung des tertiären Sektors in Wien";
Betreuer/in(nen): W. Schönbäck; Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik, 1996.



Kurzfassung deutsch:
Dienstleistungen sind aufgrund ihrer Eigenschaften typisch "städtische" Funktionen und konzentrieren sich daher in urbanen Ballungsräumen. Wien ist als Bundeshauptstadt nicht nur die größte Wirtschafts- und Bevölkerungsagglomeration Österreichs, sondern zählt auch zu den wichtigsten Dienstleistungszentren Mitteleuropas. Mit einem Beschäftigungsanteil des tertiären Sektors von 74,5% (1991) liegt Wien im Durchschnitt vergleichbarer europäischer Städte. Die rasante Steigerung dieses Anteils in den letzten Jahren ist hauptsächlich auf produktionsnahe Wirtschaftsdienste zurückzuführen, deren Beschäftigungszahlen sich in den 80er Jahren in manchen Bereichen mehr als verdoppelt haben, während die Nachfrage nach Konsumdienstleistungen eher stagniert hat. Diese Entwicklung ist als günstig zu bewerten, da das Angebot an produktionsnahen Dienstleistungen eine der wichtigsten Voraussetzungen für die internationale Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Wien darstellt.

In den letzten Jahren ist die Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationssystemen, vor allem von Computernetzwerken, zu einem entscheidenden Standortfaktor für moderne Dienstleistungsbetriebe geworden. Da ein immer größerer Anteil von Dienstleistungstätigkeiten, wie etwa im Falle von "Teleworking", "Telebanking" und "Teleshopping", über solche Systeme abgewickelt werden kann, ergeben sich für gewisse Dienstleistungsanbieter völlig neue Prioritäten bei der Standortwahl, die sich in den nächsten Jahren deutlich in einer Veränderung der Raumstruktur niederschlagen werden. Allerdings wird gerade bei hochqualifizierten Dienstleistungstätigkeiten der persönliche Kontakt auch in Zukunft unerläßlich bleiben, weil er sich nicht auf die Vermittlung von visuellen oder verbalen Informationen beschränken läßt.

Die räumliche Verteilung der Dienstleistungstätigkeiten in Wien weist eine deutlich konzentrische Struktur mit einer nach außen kontinuierlich abnehmenden Dichte auf, wobei eine starke Asymmetrie zugunsten der westlichen Stadtteile zu beobachten ist. Während sich Banken und Versicherungen sowie Verwaltungsinstitutionen auf wenigen Standorten im ersten Bezirk konzentrieren ("Bankencity", "Regierungsviertel"), siedeln sich die im Durchschnitt wesentlich kleineren Wirtschaftsdienstleistungsbetriebe, die ebenfalls von gewissen Agglomerationseffekten profitieren, auch auf zentralen Standorten in der erweiterten City und am Stadtrand an. Im Gegensatz dazu verteilen sich alle Konsumdienste ziemlich gleichmäßig über den gesamten Stadtraum, neigen aber zu kleinräumigen und ausgeprägt hierarchischen Zentrenbildungen, wie sie in der Theorie der zentralen Orte beschrieben werden. Da Unternehmungen aus dem Bereich der distributiven Dienste (Verkehrsdienste und Großhandel) ähnlich wie Industriebetriebe auf eine verkehrsgünstige Lage und die Verfügbarkeit großer Betriebsflächen angewiesen sind, konzentrieren sich diese auf bestimmten Standorten am Stadtrand und im Umland.

Die Entwicklung der Dienstleistungsbeschäftigten verlief zwischen 1981 und 1991 in den Stadtteilen, in denen der sektorale Strukturwandel noch nicht so weit fortgeschritten ist, tendenziell wesentlich dynamischer als in den zentralen Bereichen, was einerseits auf Dezentralisierungstendenzen zurückzuführen ist und andererseits auf einen gewissen strukturellen Ausgleich innerhalb des Stadtraumes schließen läßt. Dieser Trend ist allerdings weitgehend auf produktionsnahe Wirtschaftsdienste in der Nähe von Industriegebieten am Stadtrand beschränkt, während sich die traditionellen Dienstleistungszentren in allen Stadtteilen ziemlich gleichmäßig entwickelt haben. Auffällig ist auch die wachsende durchschnittliche Unternehmensgröße im traditionell kleinbetrieblich strukturierten Dienstleistungssektor, die erst auf die Möglichkeit, gewisse Arbeitsabläufe mit Hilfe von neuen Technologien zu automatisieren und zu standardisieren und sich damit Großbetriebsvorteile zu verschaffen, zurückzuführen ist.

Trotzdem ist das standortgebundene Investitionsvolumen von Dienstleistungsunternehmungen im Vergleich zu Industriebetrieben so gering, daß diese ihren Betriebsstandort wesentlich häufiger wechseln. Die Betriebsverlagerungen begünstigen in Wien hauptsächlich Suburbanisierungs- und Subzentralisierungstendenzen und orientieren sich größtenteils in Richtung der westlichen Stadtbezirke. Als Ursachen für die unterschiedliche räumliche Entwicklung von Dienstleistungsunternehmungen und damit als wichtigste Faktoren der innerstädtischen Standortwahl scheinen für Konsumdienstleistungen Bevölkerungszuwächse und die Distanz zu konkurrierenden Betrieben, für Wirtschaftsdienste Mietpreise, die Verkehrslage und ein dynamisches und innovatives Wirtschaftsklima zu sein.


Elektronische Version der Publikation:
http://www.srf.tuwien.ac.at/kramar/diplom.html


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.