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Doctor's Theses (authored and supervised):

T. Pumhössel:
"Aktive Dämpfung von Balkenschwingungen mit Hilfe eines longitudinalen Piezoaktors";
Supervisor, Reviewer: H. Springer, A. Steindl; Institut für Mechanik und Mechatronik, 2008; oral examination: 2008-07-14.



German abstract:
Die vorliegende Arbeit behandelt die aktive Dämpfung von lateralen Schwingungen eines einseitig eingespannten Balkens. Dazu wird ein Aktorsystem verwendet, das aus einer Saite im Inneren des Balkens besteht, die einerseits mit dem freien Ende des Balkens und andererseits mit einem, unterhalb der Einspannung des Balkens angeordneten, longitudinalen Piezoaktor, verbunden ist. Mit Hilfe des Piezoaktors wird die mechanische Dehnung in der vorgespannten Saite und damit die Kraft, die auf den Balken wirkt, verändert. Durch Messung und geeignete Regelung der Saitenkraft
wird eine Dämpfung der Balkenquerschwingng erreicht.

Zur Herleitung der Bewegungsgleichungen des Gesamtsystems werden das dŽAlembertsche Prinzip und die nichtlineare Balkentheorie nach Bernoulli-Euler, unter Berücksichtigung von Termen bis zur dritten Ordnung, verwendet. Um ein Minimalmodell des Gesamtsystems zu erhalten, wird das kontinuierliche System mit Näherungsansätzen nach Rayleigh-Ritz für die Verschiebungsfelder von Balken und Saite auf ein System mit drei Freiheitsgraden reduziert, mit einem Freiheitsgrad für die laterale Balkenschwingung und je einem Freiheitsgrad für die axiale und laterale Saitenschwingung. Um eine aktive Dämpfung der Balkenquerschwingungen zu erreichen, wird zunächst die in der Literatur vielfach beschriebene Methode der axialen Geschwindigkeitsrückführung angewendet. Bei diesem Regelverfahren soll die Kraft in der Saite entgegengesetzt proportional zur axialen Geschwindigkeit des freien Balkenendes sein. Dazu wird die tatsächliche Kraft in der Saite gemessen, mit dem Sollwert verglichen und die Regeldifferenz einem unterlagerten Kraftregler zugeführt, der den Piezoaktor ansteuert. Die zeitlich veränderliche Kraft in der Saite führt zu einem zeitvarianten Anteil der resultierenden Biegesteifigkeit des Balkens, weshalb diese Art der Regelung in der Literatur auch als Parametrische Regelung bezeichnet wird. Mit Hilfe von numerischen Ergebnissen wird gezeigt, dass die Dämpfungswirkung aufgrund der Regelung bei großen Auslenkungen des Balkens am größten ist, jedoch rasch mit sinkender Balkenauslenkung abnimmt.

Als Verbesserungsmöglichkeit wird eine zustandsabhängige Verstärkung, basierend auf der reziproken kinetischen und potentiellen Energie des Balkens und einer Beschränkungsfunktion zur Limitierung der Verstärkung eingeführt. Das nichtlineare Regelgesetz erlaubt die Festlegung einer Maximalkraftamplitude, die für einen Bereich großer Balkenauslenkung näherungsweise konstant bleibt, sowie die Vorgabe eines definierten Kraftverlaufes bei kleinen Balkenauslenkungen durch geeignete Wahl der Reglerparameter. Die numerischen Ergebnisse zeigen, dass damit die Dämpfung der Balkenschwingung wesentlich erhöht werden kann im Vergleich zur Regelung mit konstanter Verstärkung.

Zur Verifikation der numerischen Ergebnisse wurde ein Versuchsstand aufgebaut. Der verwendete Balken besteht aus einem Aluminiumprofil mit rechteckigem Querschnitt, das der Länge nach geschlitzt wurde, um Platz für eine axial angeordnete Stahlsaite zu schaffen. Zur Messung der lateralen Balkenschwingung wird ein Laser-Messkopf verwendet. Die tatsächliche Kraft in der Saite wird mit einem piezoelektrischen Kraftsensor erfasst, der direkt an den Piezoaktor angekoppelt ist.
Die Messignale werden von einer echtzeitfähigen Regelkarte eingelesen und, entsprechend dem programmierten Regelgesetz, das Ansteuersignal für den Leistungsverstärker des Piezoaktors ermittelt. Analog zu den numerischen Ergebnissen konnte auch in den Versuchen die aktive Dämpfung durch die Regelung gezeigt werden. Ein Vergleich der numerischen Ergebnisse mit den Messergebnissen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung, obwohl das analytische Modell nur die erste Eigenform der Balkenschwingung berücksichtigt.

Zur Quantifizierung der Dämpfungswirkung wird die Lehrsche Dämpfung der lateralen Balkenschwingung aus den Messdaten berechnet. Es zeigt sich, dass mit der zustandsabhängigen Verstärkung im Bereich konstanter Saitenkraftamplitude die Lehrsche Dämpfung etwa das 4.8-fache der Materialdämpfung beträgt. Als Alternative dazu wird die Dämpfungswirkung durch eine Berechnung der Lebensdauer des Balkens nach Palmgren-Miner und Haibach bei zyklischer Anregung bestimmt. Ein Vergleich der berechneten Lebensdauern mit und ohne Regelung zeigt, dass eine Erhöhung der Balkenlebensdauer um das 4-fache durch die Regelung mit zustandsabhängiger Verstärkung erreicht werden kann.

In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass durch eine geregelte Kraft, die mit Hilfe einer von einem Piezoaktor angesteuerten Saite auf einen einseitig eingespannten Balken aufgebracht wird, eine
aktive Dämpfung von lateralen Balkenschwingungen möglich ist. Besonders im Hinblick auf eine praktische Umsetzung der vorgeschlagenen Regelkonzepte existieren noch zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Verwendung alternativer Aktor- und/oder Wegmesssysteme, die direkt in die mechanische Struktur integriert werden können.

Created from the Publication Database of the Vienna University of Technology.