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Dissertationen (eigene und begutachtete):

P. Hirschler:
"Chancengleich - chancenreich? Regionalentwicklung und Gender Mainstreaming ; Die Implementierung der Gender Mainstreaming Strategie in entwicklungsschwachen Regionen am Beispiel ausgewählter Projekte";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): G. Schimak, S. Köszegi; Fachbereich Regionalplanung und Regionalentwicklung (280/7), 2009.



Kurzfassung deutsch:
Die Chancengleichheitsaspekte in der Regionalentwicklung sind vielfältig und sollten in allen Bereichen beachtet werden. Es geht vielmehr und die Frage wie die Querschnittsmaterie Gender Mainstreaming in Regionalentwicklungsprojekten und Entscheidungsprozessen zu implementieren ist. Gender Mainstreaming ist eine Strategie und dementsprechend gibt es kein allgemein gültiges Umsetzungsrezept. Mainstreaming bedeutet in den Hauptstrom bringen und setzt die systematische Beachtung der unterschiedlichen Voraussetzungen,Bedingungen und Wünschen von Frauen und Männern in allen Politiken und Maßnahmen voraus.
1999 erklärte die Europäische Union mit dem Vertrag von Amsterdam Gender Mainstreaming zu einem Hauptziel ihrer Politik. In weiterer Folge floss die Querschnittsmaterie auch in den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), aus dem der Großteil der Regionalentwicklungsprojekte ko-finanziert werden, ein. Endogene Regionalentwicklung per Definition beinhaltet auch die Genderperspektive. Aber rückblickend betrachtet, spielt die Genderperspektive in der Regionalentwicklung eine Rolle weit entfernt des Mainstreams. Frauen tragen zwar maßgeblich zur Regionalentwicklung bei, so stellen sie in den Entscheidungsprozessen die Minderheit und auch in den Entwicklungsprozessen ist ihr Einfluss beschränkt.
Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Regionalentwicklung zu erzielen, stellt eine Herausforderung dar. Die Gesellschaft sollte Frauen weiterhin dazu ermutigen, aktiv an der sozialwirtschaflichen Entwicklung teilzunehmen (z. B. durch Partizipation, Projekte, Kompetenz oder Mitwirkung). Verschiedene Projektbeispiele in Österreich zeigen Strategien für die praktische Implementierung von Chancengleichheit in Regionen auf, wie beispielsweise die Managerin für Chancengleichheit im Lungau oder das Projekt "GEKO - gendersensibel kooperieren" in der EUREGIO Weinviertel-Südmähren-Westslowakei. Der nachhaltige Versuch Chancengleichheit in den Regionen zu verankern bringt nicht zur Vorteile für Frauen, Männer und Kinder, sondern auch für die Lebensfähigkeit der regionaler Wirtschaft und der Gemeinden in Europa.
Generell sollte für alle Programme, Projektanträge und Konzepte ein "gender check" durchgeführt werden. Statistische Daten sollten geschlechtsspezifische Informationen enthalten - dies ist immer noch eine Herausforderung, insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene sind diese Daten oft nicht verfügbar. Strategien und Ziele sollten als integrativen Bestandteil die Genderperspektive beinhalten. Für die Umsetzung braucht es entsprechende, messbare Indikatoren. In den Maßnahmen und Aktivitäten ist die Gender Perspektive sichtbar und weiters ist sie ein integrativer Bestandteil der Evaluierung. Wenn all diese Punkte beachtet werden führt es zu einer reibungslosen Implementierung, doch gibt es in der Praxis noch viele weitere Hürden zu überwinden. Die nachfolgenden Herausforderungen treten, unter anderem, bei der Verankerung von Gender Mainstreaming in der Regionalentwicklung, insbesondere in entwicklungsschwachen Regionen auf:
■ Wie verkaufe ich das Thema: Gender Mainstreaming ist schwer zu kommunizieren. Erstmal gibt es keine eindeutige deutsche Übersetzung, es wird immer noch als Feministinnenthema angesehen und alle haben schon davon gehört ohne zu Wissen worum es dabei geht. Die Message in entwicklungsschwachen Regionen an die Frau und an den Mann zu bekommen, benötigt sensible Informationsstrategien.
■ Entwicklungspotential "Frau": Frauen tragen oft im Hintergrund zur Regionalentwicklung bei. Das Potential offensiv für die Entwicklungsmöglichkeiten der Regionen einzusetzen hilft den Regionen im globalen Wettbewerb und letztendlich beim Überleben.
■ Top-down versus bottom-up: Endogene Regionalentwicklung baut auf den lokalen Potenzialen und bottom-up Prozessen auf. Gender Mainstreaming ist eine top-down Strategie. Die nachhaltige Implementierung von Gender Mainstreaming hängt von der Verschränkung dieser beiden Prozesse ab.
■ Politik und Entscheidungsfindung: In entwicklungsschwachen Regionen ist das gesellschaftliche Leben männlich geprägt - Politik, Vereine, Feste etc. Männer sind viel besser in den Regionen vernetzt - auch wenn sie wenig Zeit vor Ort verbringen. Frauen müssen in der lokalen und regionalen Politik unterstützt und gefördert werden.
■ Themen, Themen, Themen: Nachdem Chancengleichheit eine Querschnittsmaterie ist und nicht immer auf große Resonanz trifft, macht es Sinn Gender Mainstreaming in alle Bereiche, Themen und Projekte der Regionalentwicklung einfließen zu lassen.
■ Letztlich geht es um Geld: Derzeit wird viel Geld auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene für Chancengleichheitsprojekte ausgegeben. Spezielle Förderung auf regionaler Ebene könnten die Verankerung von Gender Mainstreaming in der Regionalentwicklung maßgeblich vorantreiben,
Obwohl es schon einige erfolgreiche Projektbeispiele gibt, kann natürlich mehr getan werden um Frauen in den Regionen sichtbar zu machen - rechtlich, wirtschaftlich, technisch und statistisch. Regionale Entwicklungsstrategien und Trainingskonzepte sollten verstärkt auf dem lokalen Wissen und gesellschaftlichen Dialog der Frauen aufbauen. Die Rolle der Frauen in der Regionalentwicklung gehört gestärkt und gewürdigt. Ein notwendiges Ziel beim Empowerment der Frauen ist deren gleichwertiger Anteil an Ressourcen, Wissen, Kontrolle und Entscheidungen. Aus- und Weiterbildung in entwicklungsschwachen Regionen bleibt dabei ein maßgeblicher Faktor. All diese Veränderungen brauchen Zeit, da sich traditionelle Rollenmuster nicht von heute auf morgen verändern.
Die Erfahrung zeigt, dass die Beraterinnen und Berater in der Regionalentwicklung eine Schlüsselrolle spielen. Diese Gruppe der Multiplikatorinnen und Multiplikatoren gehört für die Chancengleichheit sensibilisiert und vom Mehrwert für die Regionalentwicklung überzeugt.
Zudem sollte auch die Europäische Union in der aktuellen Programmplanungsperiode 2007-13 ihre Chancengleichheitspolitik fortsetzen. Herausforderung ist dabei die Programmziele bis auf die Projektebene fortzuführen. Hauptziel sollte dabei sein, die Qualität der Projekte generell aber insbesondere durch die Beachtung der Chancengleichheit zu heben.
Zusammenfassend stellt die Integration von Gender Mainstreaming in die Regionalentwicklung keinen neuen Planungsansatz dar, dennoch hat es die Perspektive der regionalen Entwicklungsprozesse in Österreich verändert. Um eine endogene Regionalentwicklung sicherzustellen müssen Planerinnen und Planer sowie Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen beobachten und die Chancengleichheit in allen Konzepten und Politiken sicherstellen.

Kurzfassung englisch:
Basically gender issues in regional development are manifold and should be taken into account in all actions. The question is how to implement the cross-sectional matter of gender mainstreaming in regional development projects and decision making as gender mainstreaming is a strategy and there is no universal recipe for implementation. The principle of "mainstreaming", which consists of taking systematic account of the differences between the conditions, situations and needs of women and men, needs to be applied in all policies and actions.
In 1999 the European Union declared with the treaty of Amsterdam gender mainstreaming as a main goal of their politics. Furthermore this cross-sectional matter was implemented in the European regional development fund (ERDF) - a major field for financing projects in all fields of regional development. Endogenous regional development includes also the gender perspective by definition. But history showed that taking into account the gender perspectives in regional development practice is far off mainstream. Womenīs contribution to regional development is significant, but they are a minority in decision-making and planning so their influence is limited.
Achieving equality for women and men in regional development will take some effort. The society should continue to initiate activities to empower women to become active in the socio-economic development (e. g. by participation, projects, expertise and assistance).
Projects in Austria showed how gender mainstreaming works in practice for example a project manager for gender mainstreaming in the Lungau or the project "GEKO - gender sensible cooperation" in the EUREGIO Weinviertel-South Moravia-West Slovakia. A sustained effort by all actors in all fields to integrate equal opportunities into regional development will bring major benefits not only to lives of individual women, men and children, but also to the viability and sustainability of local economies and communities throughout Europe.
As a basic guideline a gender check needs to be done for all programmes, project proposals and concepts. The data in the analysis should normally include gender data - this could still be challenge, because especially on the local and regional level this data is still not available. Gender perspective should be included into and be an integrative part of the strategy and goals. To secure the implementation measurable indicators need to be set.
The gender perspective in measures and actions should be visible and inherent part of the evaluation. Basically this should encounter no difficulties in implementation, but the challenges, barriers and needs in practice are various as experience showed. The following major problems occur, amongst others, by implementing the gender mainstreaming strategy in regional development especially in poorly developed regions:
■ How to sell the topic: The strategy of gender mainstreaming is difficult to communicate especially in poorly developed regions. The obstacles are various like f. e. there is no appropriate translation into German, itīs still identified as a feminist topic, everybody heard about it without knowing the details. Dealing with this topic in poorly developed regions needs careful information strategies.
■ Unused development potential "women": Womenīs contribution to the regional development is significant, but they are a minority in decision-making and planning. As the global competition for regions becomes tighter the regions need all resources for a
successful development. By using the knowledge, multi-skills and workforce of women for regional development the living conditions will be improved.
■ Top down versus bottom up: Poorly developed regions in Austria strongly rely on the concept of endogenous regional development, which grounds on bottom up processes. To ensure sustainability the top down strategy gender mainstreaming must be anchored in regional bottom up processes.
■ Decision makers and regional politics: Public life in poorly developed regions is traditionally dominated by men like the community politic or clubs, regularīs tables, festivities and many more. So still itīs much easier for men to protect their interests and to participate in the decision making process even if they spent less time in the region than women. The role of women in regional politics needs to be strengthened.
■ Topics, topics, topics: Gender mainstreaming needs to be an important cross-sectional matter in every regional development project. Presently the knowledge about the surplus for projects is far off mainstream. By connecting with all topics in regional development gender mainstreaming can easily positioned.
■ Finally itīs all about money: Currently a lot of public money is spend on gender mainstreaming projects more on the federal than on the regional and local level. Special funds for projects supporting equal opportunities would contribute to sustainable regional development.
Nevertheless there are already good practice examples there should be done more to fully recognise women`s role in communities - legally, economically, technically and in statistics.
Womenīs local knowledge and social interaction should be integrated in regional development strategies and teaching concepts. Their self-esteem as productive actors in rural development has to be recognised in extension. An essential goal for the empowerment of women is their equal share in all spheres of production and reproduction, resource control, knowledge and decision making. Gender sensible and specific further education remains a focal issue in poorly developed regions. All these changes need a lot of time as the traditional role models of women and men in the society need to be changed.
As experience showed a crucial factor for the implementation are the experts active in consulting regional projects. These information multipliers need to be trained and convinced that gender issues bring an added value to regional development. Beside that, itīs a must to strengthen the gender mainstreaming approach in the upcoming programs 2007-2013 by the European Union for territorial cohesion. The main goal is to develop a multi level strategy starting with the programs itself down to each single project. The main task is to raise the quality of regional development projects in general by improving the equal opportunities.
Concluding the integration of gender issues in regional development is no new approach in planning, but nevertheless it changed the perspective of regional development policies in Austria. To ensure a "more" endogenous regional development planners as well as decision-makers need to observe the different needs and expectations of people and to secure equality in all their concepts and policies.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.