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Wissenschaftliche Berichte:

A. Kanonier:
"Rechtsgrundlagen des Schutzes vor gravitativen Prozessen (Mu¬ren, Lawinen, Steinschlag, Rutschungen) im Bundesrecht sowie Raumordnungs- und Baurecht der Länder";
Bericht für die. Wildbach - Wildbach- und Lawinenverbauung, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt-schaft , Abt. IV/5; 2013; 87 S.



Kurzfassung deutsch:
Aus raumplanerischer Sicht bestehen bei den Planungsgrundlagen hinsichtlich der einzelnen gravitativen Naturgefahren erhebliche Unterschiede sowohl bei der Darstellung als auch der Bewertung der jeweiligen Gefährdungen. So werden etwa Lawinen (sowie inzwischen auch Hochwasser) ua. durch Gefahrenzonen dargestellt und dadurch in unterschiedliche Gefahren-zonen eingeteilt, während Gefährdungen durch Rutschungen, Steinschläge und Felsstürze - wenn überhaupt - lediglich als Hinweisbereiche ausgewiesen werden (können). Eine systema-tische Bewertung und Einteilung in unterschiedliche Gefährdungsstufen fehlt demzu¬folge bislang für gravitative Naturgefahren, wobei für Lawinen durchaus eine methodische Erhe-bung und standardisierte Bewertung und in der Folge eine Ausweisung in differenzierten Gefahrenzonen erfolgt.
Die ROG, BO und BauG der Länder gehen insb. bei Widmungs- und Bauverboten allgemein mit gravitativen Naturgefahren um und verzichten auf die Festlegung bestimmter Schutzni-veaus oder Schutzziele, die bei anderen Naturgefahren mit einer entsprechenden Jährlichkeit korreliert sind (z.B. HQ-100-Bereiche bei Hochwasser oder rote und gelbe Zonen bei Wild-bächen oder Lawinen).
Auch wenn in den letzten Jahren in Österreich anderen Naturgefahren (vor allem Hochwas¬ser, Wildbächen und Lawinen) verstärkt - auch rechtliche - Bedeutung beigemessen wurde und gravitative Prozesse eher vereinzelt raumplanerische und baurechtliche Beachtung ge¬funden haben, sind die Herausforderungen in der planungs- und baurechtlichen Praxis be¬trächtlich: Welche Standorte und Bereiche konkret gefährdet und in der Folge von Wid¬mungs- und Bauverboten betroffen sind, ist erhebungsaufwendig und auslegungsbedürftig, wobei die Orientierung an den Inhalten von Gefahrenzonenplänen gängige Praxis und weni¬ger rechtliche Verpflichtung ist. In den letzten Jahren zeigen sich im Zusammenhang mit Steinschlag und Rutschungen zunehmende Defizite bei raumplanerischen und baurechtlichen Entscheidungen, die sich aus fehlenden parzellenscharfen Abgrenzungen sowie offenen Fra-gen hinsichtlich des Ausmaßes der Beeinträchtigung ergeben. In der Folge sind in der Praxis Differenzierungsmöglichkeiten hinsichtlich der Bebaubarkeit größerer Bereiche für die Pla-nungs- und Baubehörden problematisch. Im Sinne einer präventiven Planung und aufgrund der räumlichen Ausdehnung von gravitativen Naturgefahren sollte diesbezüglich bereits bei der Festlegung von Baulandwidmungen im Flächenwidmungsplan und nicht erst im Baube-willigungsverfahren eine parzellenscharfe geologische Einschätzung - mit vertretbarem Aufwand - erfolgen.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.