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Dissertationen (eigene und begutachtete):

A. Dillinger:
"Vom Pionierinstrument zur Strategie - und dann? Das Förderprogramm LEADER der Europäischen Union: Entstehung und Entwicklung einer Förderpolitik auf europäischer Ebene sowie seine Umsetzung am Beispiel des österreichischen Bundeslandes Niederösterreich";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): G. Schimak, A. Faludi; Fachbereich Regionalplanung und Regionalentwicklung, 2014; Rigorosum: 27.02.2014.



Kurzfassung deutsch:
"Hinter den Begriffen des ländlichen Raumes oder der ländlichen Welt steht mehr als nur eine geographische Ortsbestimmung: es handelt sich um ein ganzes wirtschaftliches und soziales Gefüge, das in seiner Gesamtheit die vielfältigsten Aktivitäten umfasst." (Kom EG 1988, Einführung)
Diesem Selbstverständnis der 'ländlichen Welt` folgt heute noch die europäische Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes der Europäischen Union. Bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 - am Beginn des europäischen Integrationsprozesses - nimmt die gemeinsame Agrarpolitik die zentrale Stelle des gemeinsamen Handelns der Mitgliedsstaaten ein. Zu diesem Zeitpunkt ist die Lebensmittelsicherheit nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren Gebot der Stunde.
Nach der Überwindung dieser schwierigen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und mit zunehmendem wirtschaftlichem Aufschwung rücken neue Inhalte in das Blickfeld der europäischen Staaten und man beginnt mit dem Aufbau einer umfassenden supranationalen Zusammenarbeit in Europa. Ein wichtiger Eckpfeiler dabei ist die Regionalpolitik, die 1972 auf der Gipfelkonferenz in Paris durch die Mitgliedsstaaten beschlossen wird. Sie führt 1991 zur Einführung der Gemeinschaftsinitiative LEADER (1991-1993). Diese Initiative wird im Rahmen LEADER II (1994-1999) und als Teil der gemeinsamen Agrarpolitik in Form von LEADER+ (2000-2006) weitergeführt und kommt als Schwerpunkt des Mainstream Programmes zur Entwicklung des ländlichen Raumes 2007-2013 weiterhin zur Anwendung. Für die Programmplanungsperiode 2014-2020 ist LEADER erneut als ein wichtiges Instrument zur Entwicklung ländlicher Gebiete geplant.
Österreich tritt 1995 der Europäischen Union bei und kann somit an den europäischen Förderinitiativen - darunter LEADER II - partizipieren. Dazu wird ein 'Einheitliches Programmplanungsdokument` in jedem Bundesland-so auch in Niederösterreich-erstellt (unter Koordination der programmverantwortlichen Stelle - dem Bundeskanzleramt), um interessierten regionalen Zusammenschlüssen (LEADER Regionen) eine Teilnahme am europäischen Programm zu ermöglichen. Das LEADER II Programm kommt in Niederösterreich 1996 in sechs Regionen zur Anwendung - österreichweit sind es insgesamt 31 Regionen. Am LEADER+ Programm von 2000-2006 nehmen in ganz Österreich 56 Regionen teil - 15 davon kommen aus Niederösterreich. Das Programm dazu wird nicht mehr von den Bundesländern sondern zentral vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft erstellt. 2007-2013 wird LEADER erneut in 86 Regionen in Österreich und in 18 Regionen in Niederösterreich durchgeführt, es ist dasselbe Ministerium für die Programmerstellung verantwortlich.
Durch die 'Multifonds`-Konzeption von LEADER II sind in Niederösterreich unterschiedliche Landesabteilungen für die Programmabwicklung zuständig. Federführend ist die Abteilung R/2 (Raumplanung und Raumordnung) verantwortlich, unterstützt durch die Abteilung LF3 (Landwirtschaftsförderung) sowie der Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich ecoplus. Koordiniert wird das Programm österreichweit vom Bundeskanzleramt gemeinsam mit einer extern betreuten Netzwerkservicestelle (die auch in den folgenden LEADER Perioden eine wichtige Informations- und Netzwerkfunktion in Österreich erfüllt) für alle im Programm involvierten Akteurinnen und Akteure.
Mit der Umsetzung der 'Agenda 2000` auf europäischer Ebene ändern sich die institutionellen Verantwortlichkeiten. Das LEADER Programm wird in die zweite Säule 'Ländliche Entwicklung` der gemeinsamen Agrarpolitik eingegliedert. Daher ist die Generaldirektion 'Landwirtschaft` - anstatt 'Regionalpolitik` - die für LEADER+ zentrale Stelle in der EU. Demnach verlagert sich die Verantwortlichkeit des LEADER Programmes in Österreich zum Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, die landesseitig ihre fachkorrespondierenden Ämter mit der Umsetzung betrauen - im Falle Niederösterreichs ist dies die Abteilung Landwirtschaftsförderung (LF3).
Nach vier erfolgreichen LEADER Perioden wird das Programm in das Mainstream Programm (Hauptprogramm) zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft der Europäischen Union als vierter Programmschwerpunkt aufgenommen. Der spezifische LEADER Ansatz, der seit 1991 für diese Programm charakteristisch ist, kommt nun sehr breit auch bei den anderen Schwerpunkten zur Anwendung:
. Gebietsbezogener Ansatz
. Partnerschaftlicher Ansatz
. 'Bottom-up` Ansatz
. Multisektorale Ansatz
. Innovativer Ansatz
. Kooperation
. Vernetzung
Österreich nimmt an diesem vierten LEADER Programm teil, die Verantwortungen für die Programmierung und Umsetzungen werden wie bei LEADER+ beibehalten.
Diese drei LEADER Perioden in Österreich werden unter speziellem Fokus auf Niederösterreich mit Hilfe des Phasenmodells nach Blum und Schubert untersucht und anhand der Politikstile bewertet. Dabei ergibt sich durch LEADER II (1995-1999) ein Wandel der bisherigen Förderpolitik in Niederösterreich (NÖ). Dieser ist mit der Einführung der neuen Fördersystematik der Europäischen Union begründet. LEADER+ (2000-2006) stellt sich anders dar: Mit der 'Monofonds`-Konzeption von LEADER ist die Abteilung LF3 (Landwirtschaftsförderung) hauptverantwortlich in NÖ. Die bewusste Wahrnehmung der landesseitigen Steuerungsfunktion schränkt dabei den Handlungsspielraum für die teilnehmenden Regionen ein. Die Gemeinschaftsinitiative LEADER wird für die europäischen Förderperiode 2007-2013 in das Mainstreaming Programm 'Ländliche Entwicklung` - die 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik - eingegliedert. LEADER wird in diesem Programm als Schwerpunkt 4 umgesetzt. Die institutionellen Verantwortlichkeiten sowie die Implementierung von LEADER unterscheiden sich in Niederösterreich jedoch nicht signifikant zur vorangegangenen LEADER+ Periode.
Auf den Ergebnissen der durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchung aufbauend werden vom Verfasser folgende Vorschläge für die 2014 startende neue LEADER Periode gemacht:
REGIONALE DIFFERENZIERUNG: Die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der LEADER Regionen berücksichtigend soll der Handlungsspielraum der Regionen sukzessive gesteigert werden, bei gleichzeitig höheren Anforderungen an die regionalen Projekte.
KLARE ANFORDERUNGEN AN DAS REGIONSMANAGEMENT: Im Sinne einer erfolgreichen kontinuierlichen regionalen Weiterentwicklung ist die personelle Ausstattung der Regionsbetreuung ein wesentliches Erfolgskriterium.
INTER- UND INTRAINSTITUTIONELLE ZUSAMMENARBEIT: Dem thematisch breit angelegten LEADER Ansatz kann nur umfassend entsprochen werden, wenn die Kräfte im Land auf Seite der Verwaltung effizienter gebündelt werden.
WAHRNEHMUNG VON POLITISCHEN STEUERUNG: LEADER wird in Niederösterreich von einer Verwaltungsstelle federführend betreut. Eine höhere Reichweite des Programmes kann mit einer klareren politischen Positionierung erreicht werden.
PROJEKTGENEHMIGUNG PROFESSIONALISIEREN: Mit dem europäischen Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes werden große Summen an öffentlichen Mitteln bewegt. Für Projekte ab einem gewissen Budgetumfang soll eine neutrale Kontrollinstanz die bisherige Praxis der Projektgenehmigung ergänzen.
BOTTOM-UP PROZESS PROLONGIEREN: Mit der Finalisierung des Beteiligungsprozess zur Erstellung der lokalen Entwicklungsstrategie endet in vielen Regionen der Bottom-up Prozess, da die regionale Energie in die Projektentwicklung und -umsetzung fließt. Zusätzliche personelle Ressourcen können helfen diesen für die Entwicklung so zentralen Prozess weiterzuführen.
KOMPAKTE ENTWICKLUNGSSTRATEGIEN: Es gibt eine große Anzahl an unterschiedlichen Landesstrategien und Fachprogrammen. Bei entsprechendem politischen Willen können bestehende (Landes-)Ansätze mit den europäischen Initiativen miteinander verknüpft werden und würden sich somit gegenseitig stärken.
KOOPERATIONEN FÖRDERN: Die regionalen personellen Kräfte sind während der Programmimplementierung voll ausgelastet. Die Möglichkeit zum Wissensgewinn durch interregionale Kooperationen auf nationaler und europäischer Ebene bleibt oft ungenutzt. Ein Außenbeauftragter, der gemeinsam mit der Regionsgeschäftsführung eng zusammenarbeitet, könnte dieses Defizit beheben helfen.
ZIELGERICHTETE EVALUIERUNGEN: Die Ausrichtung der Programmevaluierungen sowie die angewendeten Indikatoren haben nur geringe Aussagekraft für die unterschiedlichen Programmebenen (europäisch, national, regional). Weniger quantitativ-ökonomische gewichtete Indikatoren und mehr qualitative Aussagen haben einen größeren Mehrwert für die Weiterentwicklung des LEADER Ansatzes.
ANSÄTZE FÜR EIN ZUKÜNFTIGES VORGEHEN: Mit der Verschneidung hoheitlicher Aufgaben mit der Förderkulisse der EU kann ein hohes Maß konsistenter (Regional-)Entwicklung der Regionen gewährleitet werden.

Kurzfassung englisch:
"The term rural area or rural society refers to more than a geographic location: it includes social and economic fabrics as well as a various number of different activities." (Vgl. Kom EG 1988, Einführung)
Nowadays the European policy of the development of rural areas still follows this comprehension and holistic definition. With the foundation of the European Economic Community 1957 the European integration-process starts. One of the very first common interests of the member states deals with food safety under the `Common Agriculture Policy´ - generally intelligible after the privations during the post-war years.
Overcoming the difficult time after Second World War and with the economic upturn new topics arise and the European nations start to develop a new kind of supra-national cooperation. In 1972 the `Regional Policy´ is defined as common policy of the community which is the basis of the Community Initiative LEADER (1991-1994). This initiative is prolonged through LEADER II (1995-1999) and as part of the Common Agriculture Policy this instrument is implemented under the title LEADER+ (2000-2006). From 2007 to 2013 LEADER is used again to support activities in rural areas as part of the main-streaming programme `rural development´ and will be also an important instrument for the next programme period of the European Union from 2014-2020.
After joining the EU in 1995, Austria starts to participate at the European conveying system including the common initiative LEADER II. Therefor a `Single Programming Document` is prepared by the Austrian federal states and under the supervision of the Federal Chancellery submitted to the European Commission. After the approval of these strategy documents regional cooperations (LEADER regions) begins with their activities. In Lower Austria six LEADER regions are selected-31 regions totally. For LEADER+ the Austrian Federal Ministry of Agriculture and Forestry, Environment and Water Management is responsible for the programme and produced the necessary documents for the European Union on its own. All in all 56 LEADER regions take part of the programme-15 regions in Lower Austria. From 2007-2013 86 regions (18 regions in Lower Austria) attend at the LEADER programme - still under the responsibility of the same Austrian federal ministry.
The financial responsibility for LEADER II is divided into different funds. Due to this multi-funds system different departments of Lower Austria are involved in the implementation of the programme. The main responsibility lays by the department for spatial planning (R/2) in close cooperation with the department of agricultural development (LF3) and the Lower Austrian development agency (ecoplus). The programme coordination is done by the Federal Chancellery supported by the Austrian LEADER network service. In 2000 the LEADER programme switches from the `Regional policy´ to the second pillar of the `Agriculture Policy´ which also leads to changes in the distributions of competences in Austria. Within the federal government the programme responsibility switches from the Federal Chancellery to the Austrian Federal Ministry of Agriculture and Forestry, Environment and Water Management-hence in Lower Austria form the department R/2 to the department LF3 affects the Austrian programme competence.
After four successful LEADER periods in the European Union (three in Austria) the LEADER concept is embedded in the main-streaming programme `rural development´. The LEADER approach which has been developed in 1991 still remains and becomes the programme basis:
. Area-based local development strategies
. Bottom-up elaboration and implementation of strategies
. Local public-private partnerships: Local Action Groups
. Integrated and multi-sectoral actions
. Innovation
. Cooperation
. Networking
Austria takes part again in LEADER from 2007 to 2013. This institutional background does not change.
The implementation of the three LEADER periods with the focus on Lower Austria is explored with the policy analysis from Blum and Schubert. Based on these results the different periods are examined using the approach of the policy-styles.
For LEADER II new forms of institutional and regional cooperations are necessary and the financial approach of co-financing replaces the full-financing system. Hence the programme provokes a substantial policy change within the Lower Austrian conveying system. The governance under the programme responsibility of the department LF3 during LEADER+ and LEADER 2007-2013 cuts down the scope of the LEADER regions.
After comprehensive and profound analysis of the three periods of LEADER in Lower Austria in the context of national and European developments the following recommendations for LEADER 2020 can be made:
REGIONAL DIFFERENTIATION: Being aware of the different progresses in the LEADER region three types of regions should be established. Therefore the regional responsibility has to increase together with the requirements of the projects.
DEMANDS ON THE MANAGEMENT: A criterion for success for regional development is an on-going discussion and communication process. Hence the management of the LEADER regions has to be supervised by managers who are able to handle complex regional processes.
INTRA- AND INTER INSTITUTIONAL COOPERATION: In order to meet the various LEADER programme requirements the institutional forces have to be bundled.
PERCEPTION OF GOVERNANCE: With political encouragement the LEADER approach could be implemented more broadly.
PROFESSIONALIZING PROJECT APPROVAL PROCESS: An expert-pool should proof the selection of LEADER projects and amend the existing system of project approvals.
PROLONGING BOTTOM-UP PROCESSES: Additional personal support could ensure an on-going public participation over the whole programme period.
COMPACT REGIONAL STRATEGIES: Linking all types of regional and micro-regional strategies and programmes in one approach would increase efficiency of all strategies and programmes.
ENCOURAGE COOPERATION: Additional personal support for trans-regional and trans-national cooperations of the LEADER regions.
PURPOSEFUL EVALUATION: A different evaluation procedure as well as less economical oriented indicators would increase the significance of the evaluations and could be a real add value for involved people.

Schlagworte:
EU, ländliche Entwicklung, Raumplanung, Steuerung, Raumplanung, endogen, bottom up, top down


Elektronische Version der Publikation:
http://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_227622.pdf


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.