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Wissenschaftliche Berichte:

N. Ostermann, T. Maly, H. Waubke, C. Kaseß, M. Jaksch, F. Biebl:
"Psychoakustische Analyse von schienenverkehrsinduzierten Schallimmissionen";
Bericht für Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie; 2014; 95 S.



Kurzfassung deutsch:
Der A-bewertete Schalldruckpegel wird in der Regel als objektivierende Beurteilungsgröße für Geräuschsituationen herangezogen (Normen, Vorschriften, etc.). Dieser Pegel spiegelt jedoch die subjektive Wahrnehmung im Allgemeinen nur bedingt wieder. In vorliegendem Projekt wurde daher das Lärmempfinden von Menschen hinsichtlich verschiedener, eisenbahninduzierter Schallimmissionen genauer untersucht.
Im Kern der Betrachtungen wurde der Frage nachgegangen, wie Pegelvariationen, aber auch spektrale Änderungen verursacht durch konventionelle und lichtraumnahe Lärmschutzwände, sowie durch Schienenstegdämpfer und die empfundene Lästigkeit zusammenhängen. Zu diesem Zweck wurden mit binauraler Messtechnik (Kunstkopfmesssystem) akustische Aufzeichnungen von Zugsvorbeifahrten angefertigt. Um die Wirkung der betrachteten Lärmschutzmaßnahmen ohne weitere aufwändige Messungen realitätsnahe nachstellen zu können, wurde gegenüber einer Freifeldausbreitung die durch die Lärmschutzmaßnahmen verursachten spektralen Veränderungen durch Simulation und aus bereits vorliegenden Messdaten abgeschätzt.
Aus den erfassten Geräuschsituationen wurden für Güter- und für Personenzüge repräsentative Hörproben extrahiert, die spektrale Verteilung entsprechend der akustischen Wirkung der Lärmschutzmaßnahmen modifiziert und der Schalldruckpegel variiert. Diese Stimuli stellten die Basis für die vorgenommenen Wahrnehmungstests dar, in welchen durch 40 Probanden sowohl die Wahrnehmbarkeitsschwelle von Lästigkeitsunterschieden bei einer Pegeländerung bzw. Klangänderung ermittelt, als auch die empfundene relative Lästigkeit der verschiedenen, manipulierten Proben beurteilt wurden.
Die Untersuchungen zeigen, dass bei hohem Ausgangspegel eine Verringerung der Lästigkeit bei einem geringeren Unterschied des Pegels wahrgenommen wird als bei niedrigeren Ausgangspegeln. Bei stark spektral modifizierten Geräuschen (z.B. Lärmschutzwand) ist dieser Unterschied weniger ausgeprägt.
Die Beurteilung der Proben ergab weiters, dass bei gleichem A-bewerteten Pegel die betrachteten Lärmschutzmaßnahmen geringfügig lästiger wahrgenommen werden als die freie Schallausbreitung. Diese Erhöhung der Lästigkeit ist aber vor allem bei den Lärmschutzwänden deutlich geringer als die Verringerung der Lästigkeit aufgrund der Pegelreduktion. Dennoch gibt der A-bewertete Schalldruckpegel bei den betrachteten Schallschutzmaßnahmen eine maßnahmenabhängige, geringfügig zu hohe Wirkung in Bezug auf die empfundene Lästigkeit wieder. Im Gegensatz dazu kann bei Verwendung der Lautheit die Lästigkeit ohne explizite Berücksichtigung der Maßnahme modelliert werden. Daraus wurde im Rahmen des Projektes ein Bewertungsschema für die akustische Wahrnehmung von Bahnlärm unter üblichen Bedingungen (keine Flachstellen, keine Bremsgeräusche, kein Kurvenkreischen, etc.) vorgeschlagen.

Kurzfassung englisch:
Although the A-weighted sound pressure level reflects the subjective perception only to a certain degree, it is used in many cases as an assessment parameter for noise situations (standards, regulations, etc.). This project was therefore dedicated to investigate the subjective noise perception regarding changes in rail-vehicle-induced noise immissions in more detail.
The project investigated the relationship between perceived annoyance and variations of the sound pressure level as well as spectral modification in the immission due to the application of low and conventional noise barriers and rail dampers. To this end, acoustic recordings of train passbys were made with a head and torso simulator 25 meters away from the centre of the track. To represent the level reductions and spectral changes of the considered mitigation measures without the need for further extensive measurements, computer simulations and existing measurement data were used.
Based on the averaged frequency spectra of a large number of passbys representative train passbys for passenger and freight trains were selected. Afterwards, the sound pressure levels of both representative stimuli were varied and their spectra were modified according the acoustical properties of the mitigation measures. The resulting set of samples built the basis for subsequent perception tests with 40 subjects. Two perception tests were designed to determine the just-noticeable-difference in annoyance with respect to level changes for different noise reduction measures as well as the relation between perceived relative annoyance and sound pressure level and/or spectral distribution.
The investigations into the just-noticeable-difference in annoyance for pure level changes show that a reduction of the annoyance at high sound pressure levels is perceived for a lower difference in level than at low sound pressure levels. For strong modifications of the spectrum due to, for example, noise barriers this effect is less pronounced.
Considering the annoyance judgements from the second test, immissions with applied mitigation measures but equal A-weighted sound pressure are slightly more annoying than the noise arising due to unimpeded (free field) propagation. However, especially for noise barriers, this increase of annoyance is much smaller then the reduction of annoyance due to the decrease in sound pressure level caused by the mitigation measure. Still, the A-weighted sound pressure level slightly overestimates the reduction of the perceived annoyance due to the mitigation measures considered with respect to the perceived annoyance. In contrast, using the loudness allows modelling the annoyance without regarding the applied mitigation measure. Based on these results an assessment scheme for acoustic perception of railway noise under typical conditions (no flat spots, no braking noise, no curve squealing, etc.) was suggested.

Schlagworte:
Psychoakustik, Lärmschutzmaßnahmen, Bahnlärm

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.