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Contributions to Proceedings:

F. Tahmasebi, U. Pont, M. Taheri, A. Mahdavi:
"Das Verhalten von Gebäudenutzern - eine unzureichend erforschte Problematik?";
in: "Forschungstag 2016", Fakultät für Arch & RPL (ed.); issued by: Tu Wien, Fakultät für Architektur und Raumplanung; Forschungstag 2016, Wien, 2016, ISBN: 978-3-902707-32-1, 78 - 79.



English abstract:
(no english version - see german version) Viele wissenschaftliche Beiträge zum Thema "energieeffizientes Bauen" beginnen mit der Nennung des wohlbekannten Faktums, dass Gebäude wesentlich zum Energiekonsum und zur Emission von klimaschädlichen Gasen beitragen. Um dies via intelligenter Gebäudeplanung sowie -operation zu verändern, wurden in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Werkzeugen zur Modellierung und Simulation verschiedenster Parameter der Gebäudeperformance entwickelt. Diese Tools werden von unterschiedlichen Stakeholdern eingesetzt um die Qualität, Produktivität und Effizienz in der Bauindustrie zu steigern. Bei den Aspekten, die dabei berücksichtigt werden, handelt es sich vor allem um die Gebäude- bzw- Hüllgeometrie und -ausgestaltung, relevante Materialeigenschaften und die äußeren Rahmenbedingungen (z.B. Klimadaten). Im Vergleich dazu wird gegenwärtig ein sehr wesentlicher Parameter der Performance von Gebäuden geradezu stiefmütterlich vernachlässigt: Die Repräsentation der Gebäudenutzer ist in der Mehrzahl verfügbarer Werkzeuge nur in sehr geringer Auflösung enthalten. Da das Verhalten der Gebäudenutzer unzweifelhaft eine Schlüsselrolle für die meisten Performanceindikatoren von Bauwerken spielt, kann dies durchaus als problematisch bezeichnet werden. Gegenwärtig verwendete Repräsentationen des Nutzerverhaltens beruhen zumeist auf standardisierten Einzahlangaben ("Normnutzer") und dienen zur rudimentären Berücksichtigung einzelner Nutzerimplikationen, z.B. interner Wärmegewinne in normativen Heizwärme- oder Kühlbedarfsberechnungen. Solche reduzierten Repräsentationen berücksichtigen aber kaum das viel komplexere reale Nutzerverhalten. Modifikationen von Einzahlwerten zur Berücksichtigung von Nutzungszeiten oder Einstellungen von Haustechnikanlagen oder Fensteröffnungen stellen bestenfalls eine weitere grobe Annäherung dar. Für die Durchführung von detaillierten Simulationswerkzeugen ist die Verwendung solcher normativer Einzahlwerte kaum sinnhaft zu argumentieren.
Die Erfassung des Nutzerverhaltens ist auch bereits kleinräumig mit recht großem Aufwand und einigen Problemen verbunden (Sensoren bzw. Monitoring, Eigenprotokollierung, Fragen des Datenschutzes). Daher werden bereits erfasste Datensätze oftmals verwendet um detaillierte Modelle mit Hilfe von probabilistischen Methoden zu generieren.
Es stellt sich in diesem Bereich die wichtige Forschungsfrage, wie stark die Auswahl des Modells des Nutzerverhaltens sich in den Resultaten von Gebäudeperformance-Simulation und Berechnungen niederschlägt. Diese Fragestellung ist nun auch in der internationalen Forschungscommunity im Bereich Bauen angekommen: Vor kurzem wurde von der Internationalen Energie Agentur ein strukturierter Forschungszusammenschluss in Form einer Annex-Gruppe (IEA EBC Annex 66: Definition und Simulation von Nutzerverhalten in Gebäuden) ins Leben gerufen, die sich mit "Occupancy", so der englische Term für Gebäudenutzer und deren Verhalten, auseinandersetzt. Die Abteilung Bauphysik und Bauökologie ist als Vertreter Österreichs federführend in den Bemühungen dieser Forschungsgruppe eingebunden (Lead des Sub-Task C, Entsendung zu internationalen Tagungen). Anfang April 2016 wurde dazu an der TU Wien eines der Expert Meetings dieses Annex durch die Abteilung organisiert, abgewickelt und wissenschaftlich begleitet.
Parallel dazu konnte ein Innovativprojekt eingeworben werden, welches sich 3 Jahre lang vertiefend dieser Materie widmet: Das Projekt Incorporating the human dimension in building energy modelling widmet sich der Entwicklung eines konzeptuellen multidimensionalen Frameworks zum Mapping von passenden und geeigneten Occupancy-Modellen auf verschiedene Anwendungs-Szenarien von Building-Performance-Simulation-Werkzeugen. In diesem Framework wird mittels Sensitivitätsanalyse systematisch geprüft, wie empfindlich Simulationsmodelle auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich Nutzerverhaltens reagieren. Damit ist eine solide Grundlage zur Validierung von Occupancy Modellen für Gebäude Performance Simulation geschaffen. Im Projekt wird zudem die Vielfalt unterschiedlicher Gebäudenutzer und Nutzergruppen hinsichtlich ihrer Nachmodellierbarkeit untersucht werden. Dabei wird folgende Hypothese geprüft: Während Anwesenheit und Aktivität in einer großen Gruppe von Gebäudenutzern sehr variiert, trifft das auf die statistische Verteilung ("dispersion profiles of the relevant occupancy-related statistical markers") nicht zwingend zu. Bei Verifizierung dieser Hypothese können stochastische, agenten-basierte Modelle der (sehr heterogenen) Gebäudenutzer für die Simulation entwickelt werden
Folgende Resultate werden im Zuge dieses Innovativprojektes angestrebt:
- Das angestrebte konzeptuelle Framework wird als übersichtliches Werkzeug und klare Hilfe-stellung für die Auswahl der richtigen Occupancy-Modelle für die jeweilige Fragestellung / Gebäudeperformance-Simulation dienen.
- Die angesprochene Berücksichtigung der Gebäudenutzer-Diversität mittels stochastischer Modelle, die auf robuster empirischer Information beruhen, dient in der Gebäudeperformancesimulation dazu, statistisch validen Nutzerverhaltens-Muster anzuwenden.
- Das Projekt in seiner Gesamtheit wird die Effizienz und Verlässlichkeit von Gebäude-Energie-Modellierungswerkzeugen erhöhen. Damit wird der Weg zur breiteren Verwendung von solchen Werkzeugen zur Entwurfsunterstützung geebnet und das Konstruieren und Betreiben von energie-effizienten und nachhaltigen Gebäuden erleichtert.

German abstract:
Viele wissenschaftliche Beiträge zum Thema "energieeffizientes Bauen" beginnen mit der Nennung des wohlbekannten Faktums, dass Gebäude wesentlich zum Energiekonsum und zur Emission von klimaschädlichen Gasen beitragen. Um dies via intelligenter Gebäudeplanung sowie -operation zu verändern, wurden in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Werkzeugen zur Modellierung und Simulation verschiedenster Parameter der Gebäudeperformance entwickelt. Diese Tools werden von unterschiedlichen Stakeholdern eingesetzt um die Qualität, Produktivität und Effizienz in der Bauindustrie zu steigern. Bei den Aspekten, die dabei berücksichtigt werden, handelt es sich vor allem um die Gebäude- bzw- Hüllgeometrie und -ausgestaltung, relevante Materialeigenschaften und die äußeren Rahmenbedingungen (z.B. Klimadaten). Im Vergleich dazu wird gegenwärtig ein sehr wesentlicher Parameter der Performance von Gebäuden geradezu stiefmütterlich vernachlässigt: Die Repräsentation der Gebäudenutzer ist in der Mehrzahl verfügbarer Werkzeuge nur in sehr geringer Auflösung enthalten. Da das Verhalten der Gebäudenutzer unzweifelhaft eine Schlüsselrolle für die meisten Performanceindikatoren von Bauwerken spielt, kann dies durchaus als problematisch bezeichnet werden. Gegenwärtig verwendete Repräsentationen des Nutzerverhaltens beruhen zumeist auf standardisierten Einzahlangaben ("Normnutzer") und dienen zur rudimentären Berücksichtigung einzelner Nutzerimplikationen, z.B. interner Wärmegewinne in normativen Heizwärme- oder Kühlbedarfsberechnungen. Solche reduzierten Repräsentationen berücksichtigen aber kaum das viel komplexere reale Nutzerverhalten. Modifikationen von Einzahlwerten zur Berücksichtigung von Nutzungszeiten oder Einstellungen von Haustechnikanlagen oder Fensteröffnungen stellen bestenfalls eine weitere grobe Annäherung dar. Für die Durchführung von detaillierten Simulationswerkzeugen ist die Verwendung solcher normativer Einzahlwerte kaum sinnhaft zu argumentieren.
Die Erfassung des Nutzerverhaltens ist auch bereits kleinräumig mit recht großem Aufwand und einigen Problemen verbunden (Sensoren bzw. Monitoring, Eigenprotokollierung, Fragen des Datenschutzes). Daher werden bereits erfasste Datensätze oftmals verwendet um detaillierte Modelle mit Hilfe von probabilistischen Methoden zu generieren.
Es stellt sich in diesem Bereich die wichtige Forschungsfrage, wie stark die Auswahl des Modells des Nutzerverhaltens sich in den Resultaten von Gebäudeperformance-Simulation und Berechnungen niederschlägt. Diese Fragestellung ist nun auch in der internationalen Forschungscommunity im Bereich Bauen angekommen: Vor kurzem wurde von der Internationalen Energie Agentur ein strukturierter Forschungszusammenschluss in Form einer Annex-Gruppe (IEA EBC Annex 66: Definition und Simulation von Nutzerverhalten in Gebäuden) ins Leben gerufen, die sich mit "Occupancy", so der englische Term für Gebäudenutzer und deren Verhalten, auseinandersetzt. Die Abteilung Bauphysik und Bauökologie ist als Vertreter Österreichs federführend in den Bemühungen dieser Forschungsgruppe eingebunden (Lead des Sub-Task C, Entsendung zu internationalen Tagungen). Anfang April 2016 wurde dazu an der TU Wien eines der Expert Meetings dieses Annex durch die Abteilung organisiert, abgewickelt und wissenschaftlich begleitet.
Parallel dazu konnte ein Innovativprojekt eingeworben werden, welches sich 3 Jahre lang vertiefend dieser Materie widmet: Das Projekt Incorporating the human dimension in building energy modelling widmet sich der Entwicklung eines konzeptuellen multidimensionalen Frameworks zum Mapping von passenden und geeigneten Occupancy-Modellen auf verschiedene Anwendungs-Szenarien von Building-Performance-Simulation-Werkzeugen. In diesem Framework wird mittels Sensitivitätsanalyse systematisch geprüft, wie empfindlich Simulationsmodelle auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich Nutzerverhaltens reagieren. Damit ist eine solide Grundlage zur Validierung von Occupancy Modellen für Gebäude Performance Simulation geschaffen. Im Projekt wird zudem die Vielfalt unterschiedlicher Gebäudenutzer und Nutzergruppen hinsichtlich ihrer Nachmodellierbarkeit untersucht werden. Dabei wird folgende Hypothese geprüft: Während Anwesenheit und Aktivität in einer großen Gruppe von Gebäudenutzern sehr variiert, trifft das auf die statistische Verteilung ("dispersion profiles of the relevant occupancy-related statistical markers") nicht zwingend zu. Bei Verifizierung dieser Hypothese können stochastische, agenten-basierte Modelle der (sehr heterogenen) Gebäudenutzer für die Simulation entwickelt werden
Folgende Resultate werden im Zuge dieses Innovativprojektes angestrebt:
- Das angestrebte konzeptuelle Framework wird als übersichtliches Werkzeug und klare Hilfe-stellung für die Auswahl der richtigen Occupancy-Modelle für die jeweilige Fragestellung / Gebäudeperformance-Simulation dienen.
- Die angesprochene Berücksichtigung der Gebäudenutzer-Diversität mittels stochastischer Modelle, die auf robuster empirischer Information beruhen, dient in der Gebäudeperformancesimulation dazu, statistisch validen Nutzerverhaltens-Muster anzuwenden.
- Das Projekt in seiner Gesamtheit wird die Effizienz und Verlässlichkeit von Gebäude-Energie-Modellierungswerkzeugen erhöhen. Damit wird der Weg zur breiteren Verwendung von solchen Werkzeugen zur Entwurfsunterstützung geebnet und das Konstruieren und Betreiben von energie-effizienten und nachhaltigen Gebäuden erleichtert.

Created from the Publication Database of the Vienna University of Technology.