[Zurück]


Dissertationen (eigene und begutachtete):

E. Gruber:
"Interaction of ions with 3D and 2D materials";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): F. Aumayr, P. Bauer, R. Hoeckstra; Institut für Angewandte Physik (E134), 2017; Rigorosum: 28.03.2017.



Kurzfassung deutsch:
Ionen-Festkörper Wechselwirkungsuntersuchungen decken ein breites Wechselwirkungsphänomenen und -prozessen ab. Für die vorliegende Arbeit werden Wechselwirkungen von schnellen schweren Ionen (SHI) sowie langsamen hochgeladenen Ionen (HCI) mit drei- und zweidimensionalen Materialien untersucht. Bei der Wechselwirkung mit dreidimensionalen Materialien liegt der Fokus auf der Oberflächen-Nanostrukturbildung in der Endphase des Wechselwirkungsprozesses, während für die zweidimensionalen Materialien der Ladungsaustausch und der Energieverlust von HCIs im Vor- Gleichgewichtsregime untersucht werden.
Das Ziel dieser Studien ist es, einen tieferen Einblick in die verschiedenen Stadien des Neutralisationsvorgangs geladener Ionen zu erhalten und das Materialverhalten bei hoher elektrischer Feldstärke und bei Deponierung hoher kinetischer oder potentieller Energie zu untersuchen.
Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die Bestrahlung von Festkörpern mit SHIs zu permanenten Modifikationen im Festkörper und auf der Oberfläche führen kann. Ähnliche Oberflächen-Nanostrukturen können auch durch langsame HCIs induziert werden. Systematische Studien in diesem Forschungsgebiet wurden in den letzten zehn Jahren in unserer Gruppe durchgeführt. Im Laufe dieser Arbeit wurden verschiedene Materialien mit SHIs unter streifendem Einfallswinkel bestrahlt, da diese besondere Kollisionsgeometrie die Erzeugung von Ionenspuren nahe der Oberfläche erzwingt, die mit den von HCI induzierten Oberflächen-Nanostrukturen vergleichbar sind. Unter Verwendung von hochauflösender Atomkraftmikroskopie konnten wir zeigen, dass die erzeugten Spuren auf den bestrahlten Materialien eine viel komplexere Struktur aufweisen als in früheren Untersuchungen beobachtet. Für den gut untersuchten Isolatorkristall CaF2 wurde gezeigt, dass jedes SHI, das auf der Oberfläche auftrifft, zuerst eine Grube öffnet, die von einer Reihe von Nano-Hügelchen auf beiden Seiten begrenzt wird, die schließlich in eine langsam abfallende Erhöhung übergehen.
Die Länge der Grube sowie die Länge der gesamten Spur kann durch Variieren des Einfallswinkels bestimmt werden. Die beobachtete Gruben- und Hügelchen-Bildung in einer einzigen Ionenspur konnten erfolgreich mit Sublimations- und Schmelzprozessen verknüpft werden und wurden mit Simulationen einer dreidimensionalen Version des Zwei-Temperatur-Modells verglichen.
Eine sehr ähnliche und genauso komplexe Art der Ionenspur wurde auf dem lamellaren Material Glimmer nach SHI-Bestrahlung beobachtet, wohingegen an der Ionenaufprallstelle von SrTiO3 und TiO2 viel weniger ausgeprägte Grubenbildungen auf den Kristalloberflächen gefunden wurden.
Der zweite Schwerpunkt dieser Arbeit war die Analyse des Ladungsaustausches und des Energieverlustes von langsamen HCIs in Wechselwirkung mit zweidimensionalen Materialien unter Verwendung eines elektrostatischen Analysators. Die bimodale Ladungszustandsverteilung für die Transmissionsmessungen mit 1nm dicken amorphen Kohlenstoff-Nanomembranen und die Einzelladungszustandsverteilung für freistehendes einlagiges Graphen wurden durch einen Ladungsaustauschprozess erklärt, der stark vom Stoßparameter abhängt. Während für die Kohlenstoff-Nanomembranen, die aus dicht und weniger dicht gepackten Bereichen bestehen, verschiedene Stoßparameter möglich sind, ist dieser für einlagiges Graphen durch den atomare Abstand der gut geordneten hexagonalen Struktur begrenzt.Aus der Anzahl der aufgenommenen und stabilisierten Elektronen der durchgehenden Ionen konnten extrem kurze Ladungsäquilibrierungszeiten von nur wenigen Femtosekunden extrahiert werden. Darüber hinaus haben detaillierte Untersuchungen keine Zerstörung des einlagigen Graphens nach dem Ionenstoß gezeigt, im Gegensatz zur beobachteten Porenbildung in den Kohlenstoff-Nanomembranen aufgrund von HCI-Stößen.
In Zusammenarbeit von experimentellen und theoretischen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass große Stromdichten von mindestens 1012A/cm2 von einlagigem Graphen ohne Zerstörung ausgehalten werden.
Obwohl dieser Strom nur für wenige Femtosekunden auf einer Fläche von nm2 aufrechterhalten wird, ist sein Wert etwa 3 Größenordnungen höher als die aus der Literatur bekannten Durchbruchstromdichten für Graphen. Die durchgeführten Untersuchungen liefern nicht nur tiefere Einblicke in die Neutralisations- und Energieverlustprozesse exotischer hochangeregter hohler Atome, sondern eignen sich auch zur Untersuchung von Materialeigenschaften wie dem elektronischen Ansprechen zweidimensionaler Materialien auf extrem hohe elektrische Feldstärken auf einer Femtosekunden Zeitskala.

Kurzfassung englisch:
Ion-solid interaction studies cover a broad range of interaction phenomena and processes.
For the present thesis swift heavy ion (SHI) as well as slow highly charged ion (HCI) interactions with three- and two-dimensional materials are studied. For the interaction with three-dimensional materials the focus lies on the surface nanostructure formation in the final stage of the interaction scenario, whereas for the two-dimensional materials the charge exchange end energy loss of HCIs in the pre-equilibrium regime are studied.
The goal of these studies is to get deeper insight into the different stages of the neutralisation process of charged ions and to investigate the material behaviour in the presence of a high electric field strength and by the deposition of high kinetic or potential energy.
Since decades it is known that the irradiation of solid targets with SHIs can lead to permanent modifications in the bulk and on the surface. Similar surface nanostructures can also be induced by using slow HCIs and systematic studies in this research field were performed over the last decade in our group. In the course of this thesis various materials were irradiated with SHIs under grazing angle of incidence since this particular collision geometry forces the track to a region close to the surface comparable to the shallow damage induced by slow HCIs. Using high resolution atomic force microscopy we could show that the created tracks on the irradiated materials have a much more complex structure than observed in previous investigations. For the well-studied insulating crystal CaF2 it was demonstrated that each SHI impacting on the surface first opens a groove bordered by a series of nanohillocks on both sides, which eventually merges into a slowly fading single protrusion. The length of the groove as well as the length of the whole track can be tuned by varying the angle of incidence. The observed groove and hillock formation in a single track could successfully be linked to sublimation and melting processes and checked by comparison to a three-dimensional version of the two-temperature model.
A very similar and also complex type of track formation was observed on the lamellar material mica after SHI irradiation, whereat much less pronounced groove formation was found at the ion impact site for SrTiO3and TiO2 crystal surfaces.
The second focus of this thesis was on the analysis of charge exchange and energy loss of slow HCIs interacting with two-dimensional materials by using an electrostatic analyser. The bimodal charge state distribution for the transmission measurements with 1 nm thick amorphous carbon nanomembranes and the single charge state distribution for freestanding single layer graphene were explained by a charge exchange process which strongly depends on the impact parameter. While for the carbon nanomembranes with a structure of dense and less dense packed areas various impact parameters are possible, the atomic distance of the well-ordered hexagonal structure of single layer graphene limits the range of possible impact parameters.
From the number of captured and stabilised electrons of the transmitted ions extremely short charge-equilibration times of only a few femtoseconds could be extracted. Moreover, detailed investigations have shown no rapture and destruction of the single layer graphene after ion impact, in contrast to the observed pore formation in the carbon nanomembranes due to HCI impacts.
In a joint experimental and theoretical effort we could demonstrate that large current densities of at least 1012A/cm2 are sustained by single layer graphene without rupture. Even though this current is only active for a few femtoseconds on a nm2 sized area, its value is about 3 orders of magnitude higher than breakdown current densities for graphene known in the literature.
The performed investigations not only give deeper insights into the neutralisation and energy loss processes of exotic highly excited hollow atoms, but are also suitable to study material properties, like the electronic response of two-dimensional materials to extremely high electric field strengths on a femtosecond time scale.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.