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Diploma and Master Theses (authored and supervised):

C. Reichel:
"Bruchmechanische Simulation von Indentierungsversuchen in Gallium Nitrid";
Supervisor: H. E. Pettermann; Institut für Leichtbau und Struktur-Biomechanik, TU Wien, 2018; final examination: 2021-06-20.



German abstract:
Konzepte der Finite-Elemente Methode (FEM) und der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM) werden angewendet um das mechanische Versagen von spröden, geschichteten Strukturen, wie sie in Halbleiter-Bauelementen der Leistungselektronik verwendet werden, zu untersuchen. Spannungen werden durch thermomechanische Lasten und den Unterschied in den thermo-mechanischen Materialeigenschaften der Schichten hervorgerufen. Besonderes Interesse liegt auf Galliumnitrid basierten Strukturen. Diese bieten aufgrund ihrer besonderen elektronischen Eigenschaften großes Potential für den Einsatz in der Leistungselektronik, erfordern aber aufgrund der spröden Materialeigenschaften und der Beschränkung der Herstellungsverfahren auf die Dünnfilmabscheidung auf fremden Substraten eine Auslegung gegen sprödes Versagens während der Herstellung und im Betrieb. Unter den verwendeten Substraten liegt der Fokus auf Silizium, da es besonderes günstig ist und in großen Durchmessern erhältlich ist, aber der Unterschied in den Materialeigenschaften starke Zugspannungen im Abkühlungsvorgang des Abscheideprozesses in der Galliumnitridschicht erzeugen kann, wenn nicht geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Ein Modellierungsansatz bestehend aus einer geeigneten Abstraktion des Problems, einer Auswahl geeigneter Methoden der Numerischen Verfahren der Bruchmechanik und einer Auswahl geeigneter Materialeigenschaften und Parameter für die verwendeten Methoden wird erarbeitet. Der Modellierungsansatz wird angewendet um den Einfluss von Restspannungen beim Risswachstum bei Nanoindentierung mit einem pyramidenförmigen, dreiseitigen Berkovich-Indenter zu untersuchen.

Numerische Methoden der Bruchmechanik werden auf ihre Anwendbarkeit zur Vorhersage der Rissentstehung und Rissausbreitung untersucht. Als mögliche Methoden werden J-Integral, Erweiterte Finite Elemente Methode (XFEM), Kohäsivzonenmethode (CZM) und Virtuelle Rissausbreitungstechnik (VCCT) in Betracht gezogen. Eine Literaturrecherche führt zeigt, dass komplexe Rissgeometrien durch den Testvorgang in der Struktur zu erwarten sind. Nur die Rissinitiierung zu modellieren scheint nicht ausreichend um das spröde Versagen zu beschreiben. Für ein umfangreicheres Verständnis sind Methoden, welche auch die Rissausbreitung simulieren können, erforderlich. Aufgrund der Notwendigkeit Risse im dreidimensionalen Raum zu beschreiben und der zu erwartenden komplexen Rissgeometrie werden die anwendbaren Methoden auf die Kohäsivzonenmethode in dieser Arbeit eingegrenzt.

Verfügbare Materialkennwerte aus der Literatur werden diskutiert und geeignete Werte, die am besten die Verhältnissse im vorliegenden Problem beschreiben, zusammengefasst. Die spröden Materialeigenschaften können zu einer sehr kleinen Prozesszone führen in der die Bindungslösung an der Rissspitze stattfindet und andererseits zu sehr großen Rissen bei kleinen Indentierungstiefen. Die Simulation des Risswachstums erfordert sowohl bei der Initiierung als auch bei fortschreitendem Risswachstum eine ausreichende Anzahl von Kohäsivelementen in der Prozesszone und erfordert außerdem einen ausreichend kleinen Zeitschritt. Daraus resultiert ein sehr großer Speicher- und Rechenbedarf, welcher die Grenzen der zur Verfügung stehenden Computersysteme überschreiten kann. Außerdem können die spröden Materialeigenschaften der involvierten Materialien zu einer Phase der Instabilität während der Rissentstehung führen oder zu vollständiger Instabilität des Risswachstums, welche wiederum die Konvergenz des numerischen Lösungsalgorithmus verhindern kann und entsprechende Gegenmaßnahmen erfordert.

Um numerische Konvergenz zu erreichen und das Problem mit zur Verfügung stehenden Computersystemen lösen zu können, wird das zugrundeliegende Spannung- Separations-gesetzt in der Prozesszone modifiziert, was zu einer Verbesserung des Konvergenzverhaltens führt. Der Einfluss der Modifikation auf die Vorhersage der Rissinitiierung und des Risswachstums werden anhand eines zweidimensionalen Biegebalkens und einer zweidimensionalen Abstraktion des Indentierungsproblems untersucht. Das Ziel der Vorstudie ist insbesondere die Anzahl der Freiheitsgrade zu reduzieren und dabei die Konvergenz aufrecht zu erhalten. Die im zweidimensionalen Modell untersuchten Aspekte werden kombiniert und die Modellkomplexität sukzessive erhöht. Die Ergebnisse helfen, das dreidimensionale Problem zu modellieren. Das Finite-Elemente Modell wird durch Vergleich mit numerischen und experimentellen Ergebnissen verifiziert.

Der Modellierungsansatz wird angewendet um das Risswachstum bei Nanoindentierung eines Siliziumwafers mit einer 7μm dicken Schicht aus Galliumnitrid unter den folgenden Vereinfachungen und Annahmen zu simulieren. Das Materialverhalten jeder Schicht wird mit einem linear-elastischen isotropen Konstitutivgesetz beschrieben. Zwischen den Trennflächen der Schichten wird eine ideale Verbindung angenommen. Die Rissebenen stehen rechtwinklig auf die Oberfläche des Wafers und fallen jeweils mit einer Kante des Indenters zusammen. Diese Annahme ist motiviert durch die parallele Ausrichtung der Kanten des Indenters mit den schwächsten
Kristallebenen.

Die Ergebnisse der Finite Elemente Analyse zeigen stabiles Risswachstum bei Verwendung dieses Modellierungsansatzes. Kreisförmige Risse entstehen unterhalb der Indenterspitze und reichen bei maximaler Indentierungstiefe von 1.7μm bis in die Si-Schicht. Mit Einbringen von biaxialen Zugspannungen von 400MPa in der Schicht aus Galliumnitrid wird das Risswachstum instabil. Ein Vergleich mit experimentellen Ergebnissen, die im Vergleich zur elastischen Energie eine hohe dissipierte Energie zeigen, motiviert die Notwendigkeit zusätzlicher Mechanismen wie Reibung oder Plastizität, da die Größenordnung des Produkts aus Bruchzähigkeit und Rissfläche dafür nicht ausreichen. Eine rein elastische Berechnung führt zu dem Ergebnis, dass die maximalen Schubspannungen, auch unter Berücksichtigung nur bestimmter Gleitebenen, einen Wert von 10GPa in einem Volumen von der Ausdehnung der Dicke der GaN-Schicht übersteigen. Dieses Resultat ist ein starkes Argument für das mögliche Auftreten von Plastizität. Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen die starke Auswirkung von Restspannungen im spröden Schichtverbund und zeigen mögliche Richtungen für weiterführende Untersuchungen, um ein tiefergehendes Verständnis der Zusammenhänge zwischen Material, Struktur, Last und Versagen zu erlangen und somit die mechanische Stabilität von Galliumnitrid basierten Strukturen zu optimieren.

Created from the Publication Database of the Vienna University of Technology.