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Talks and Poster Presentations (with Proceedings-Entry):

J. Gärtner, A. Arlinghaus, W. Marschitz:
"Evaluierung der Einführung einer 30-Stunden-Woche";
Talk: 7. Symposium der Arbeitszeitgesellschaft, Wien (invited); 2019-10-11; in: "7. Symposium der Arbeitszeitgesellschaft", (2019), 7.



German abstract:
Bei der Firma eMagnetix, einer Online-Marketing Firma in Österreich, wurde die wöchentliche
Arbeitszeit von 38,5 auf 30 Std. verkürzt. Der Umstieg erfolgte schrittweise zunächst auf eine 34-Std.-
Woche ab Juni und auf die 30-Std.-Woche ab Oktober 2018. Betroffen waren ca. 25 MitarbeiterInnen
(MA) in Gleitzeit mit Kernzeit. Ziele der Arbeitszeitverkürzung waren, die Attraktivität von eMagnetix
als Arbeitgeber zu verbessern und die Work-Life-Balance der MA zu erhöhen. Die
Arbeitszeitverkürzung erfolgte ohne Reduktion des Entgelts.
Aus ersten Studien ist bekannt, dass kürzere Arbeitszeiten mit verbesserter Gesundheit, längerem
Schlaf und erhöhtem Wohlbefinden verbunden sein können. Über die Auswirkungen einer
Arbeitszeitreduktion auf die tatsächliche Arbeitszeit, Tätigkeiten und Pausen ist jedoch bisher wenig
bekannt.
Folgende Fragestellungen sollten daher in einer Evaluierungsstudie, gefördert durch die
Arbeiterkammer Wien, beantwortet werden:
1. Wie verändern sich die tatsächlichen Arbeitszeiten und Pausen durch die
Arbeitszeitreduktion?
2. Wie verändern sich die Tätigkeiten (z.B. Telefonieren)?
3. Wie zufrieden sind die MA und Führungskräfte mit der reduzierten Arbeitszeit?
Es wurde ein Methodenmix aus objektiven und subjektiven Verfahren angewendet. Zur Beantwortung
von Frage 1 wurden die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten aus der Arbeitszeiterfassung (Kommen,
Gehen, Pausen; 32.159 Zeitbuchungen) für den Zeitraum 1.2.2017 - 31.1.2018 ausgewertet,
aufgeteilt in 3 Kategorien: 38,5 Std. (2/2017-5/2018), 34 Std. (6-9/2018) und 30 Std. (10/2018-1/2019).
Es wurden Tages- und Wochenverläufe der Arbeitszeit sowie die mittlere Anzahl und Dauer der
Pausen berechnet. Fragestellung 2 wurde mit einer Auswertung der Telefonanlage (Zeitpunkt und
Dauer aller Anrufe, Anteil angenommener Anrufe) im Zeitraum 1/2018-1/2019 addressiert (12.611
Datensätze). Für die Beantwortung von Frage 3 werden im September 2019 eine Online-Befragung
der MA und ein Fokusgruppeninterview zu den Themenfeldern Work-Life-Balance, Freizeitgestaltung
und Ermüdung/Erschöpfung der MA durchgeführt.
Die Ergebnisse der Arbeitszeit- und Telefondatenanalysen zeigen, dass sich die Arbeitszeiten
verkürzt haben. Bis 6/2018 wurden durchschnittlich 30 Std./Woche geleistet, nach 10/2018 nur noch
25 Std. (inkl. Teilzeitkräfte). Bei weitgehend stabilem Arbeitsanfang liegt das Arbeitsende an allen
Wochentagen nun deutlich früher (zw. 14-16 Uhr, Freitags zw. 11-13 Uhr) als vor der Umstellung (16-
17 Uhr, Freitags zw. 12 -14 Uhr).
Das Pausenverhalten hat sich dagegen nur wenig geändert: Fast alle MA machen weiterhin eine
Mittagspause, die durchschnittliche Pausenlänge pro Tag ist fast identisch geblieben. Einzig die kurze
Nachmittagspause fällt nun weg.
Das Telefonverhalten hat sich ebenfalls leicht verändert: Freitags wird nun etwas früher aufgehört als
vorher, die Erreichbarkeit (Anteil angenommener Anrufe) hat sich leicht verbessert.
Die Ergebnisse der MitarbeiterInnenbefragung und der Fokusgruppe werden bis zum Symposium
vorliegen und sollen dort ebenfalls präsentiert werden.
Diese ersten Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass eine Arbeitszeitreduktion in der Umsetzung vor
allem das tägliche Arbeitsende verändert. Die wichtige soziale Funktion der gemeinsamen
Mittagspause wird durch objektive Daten bestätigt. Die Firma eMagnetix berichtet zudem über eine
deutlich erhöhte Anzahl qualifizierter BewerberInnen und sehr positive Effekte auf die Produktivität,
die jedoch hier nicht wissenschaftlich untersucht wurde.

Created from the Publication Database of the Vienna University of Technology.