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Buchbeiträge:

R. Stuefer:
"Störungen der Zeichenwelt. Wer definiert Räume?";
in: "Kreative Störfälle. (un-)gewöhnlicher Dingumgang in ästhetischen Bildungsprozessen", C. Heil (Hrg.); fabrico verlag, Hannover, 2015, ISBN: 978-3-946320-02-9, S. 224 - 290.



Kurzfassung deutsch:
Renate Stuefer
Störungen der Zeichenwelt.
Wer definiert Räume?
Die Stadt ist bedeutsam. Unser ethisches Gewissen müsste jeden von uns veranlassen sich um
sie zu kümmern und Verantwortung zu übernehmen. Stadt kann allgemeines Wohl fördern oder
Einzelne und eine Gesellschaft krank machen. Wir dürfen sie nicht vernachlässigen. Wir müssen
sowohl ihre kleinen Zellen als auch ihren gesamten Organismus betrachten. Es gilt ganzheitlich zu denken und zu handeln, und ihre materiellen oder physischen Zustände ebenso im Auge zu behalten wie ihre psychischen und mentalen. Man kann wohl manches Problem in der Stadt als ein psychosomatisches verstehen. Wir müssen uns mit ihrer Anatomie, ihren Funktionen und ihren Stoffwechselprozessen auseinandersetzen. Außenräume sind dabei ein Spiegelbild des Gesundheitszustandes unserer Gesellschaft.
Die Stadt eröffnet Deutungsebenen. Es gilt ihre Zeichen und Zeichnungen zu erkennen, zu (re-)produzieren, zu (re-)organisieren, zu transferieren - ihre Linien, Beschilderungen und Wegweiser umzuordnen.
Manchmal ist es nötig einen Akupunkturpunkt zu finden und dann auch zu punktieren um Prozesse in Gang zu bringen und Nutzungsmuster sowie Handlungsstrukturen in Familien, Schulen und Nachbarschaften aufzubrechen. Durch Störungen wird dechiffriert und neu kodiert. So erschließt sich vielleicht an diesem konkreten Ort oder in jenem Raum eine Möglichkeit?
Allein die Auseinandersetzung mit Begrifflichkeiten wie "Straße" kann nützlich sein. Was meint
man, wenn man Straße sagt - die Fahrbahn und ihre seitliche Rahmung durch Parkplätze? Auch der Großteil der Zeichen und Linien einer Stadt organisieren den Autoverkehr. Der Straßenraum ist ein öffentlicher Raum. Die Vorherrschaft des Autos im Straßenraum ist so selbstverständlich geworden, dass das häufig gar nicht mehr hinterfragt wird. In vieler Hinsicht macht uns das Auto nämlich nicht mobil, sondern unbeweglich. Was uns am häufigsten zurückhält zu Fuß zu gehen, ist der Autoverkehr und die damit einher gehend fehlenden Grünflächen und Verweilmöglichkeiten.
Fußgängerinnen und Fußgänger haben nicht nur ein anderes Tempo sondern auch andere Instrumente zur Verfügung um Zeichen, Wege und Informationen zu lesen. Ist ein Parkplatz nur für ein Auto da, oder auch für mich und meinen Klappstuhl? Wer definiert Räume? Produziert Macht
Räume? Mache ich Raum?
Schon mit kleinen Eingriffen und Interventionen ist es möglich, über das bloße Spekulieren
hinauszuwachsen. Vielleicht genügt ein Flatterband um Räume der Zukunft zu bilden und zwei Klappstühle auf einem Parkplatz um Berührungszonen zu schaffen. So führt künstlerische Raumforschung durch kleine Störungen zu gesellschaftspolitischen Problemlösungsprozessen.

Schlagworte:
Kunst Bildung Architektur Vermittlung Störung Störfälle Stuefer


Elektronische Version der Publikation:
http://publik.tuwien.ac.at/files/PubDat_247013.pdf


Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.